Die Aufregung in Kanada über den Online Harms Act der Regierung Trudeau habe sich anfangs in Grenzen gehalten, schreibt der Jounalist Matt Taibbi in einem Artikel, den ZeroHedge zusammenfasst. Der im Februar dieses Jahres eingebrachte Entwurf C-63 sei in den kanadischen Medien als «Gesetz zum Schutz von Kindern» bezeichnet worden, das der «Ausbeutung von Kindern» Einhalt gebieten solle. Leichtgläubige Moderatoren hätten die Einführung des Gesetzes wie die Ankunft von Penicillin verkündet.
Dann jedoch hätten die Leute das Gesetz gelesen. Der Zweck «Online-Sicherheit, Schutz der körperlichen und geistigen Gesundheit von Kindern» klinge zwar recht nobel, aber der eigentliche Text sei «verrückt», wird der Anwalt Dan Freiheit zitiert.
Trudeau habe gelogen, was die Ausrichtung des Gesetzes angehe, sagt Taibbi. Der Geltungsbereich des Online Harms Act gehe tatsächlich weit über die Ankündigungen hinaus. Er würde vielmehr die Gesellschaft zu einem kontrollierten Social-Engineering-Projekt umgestalten.
Kanadas Bürger würden in ein ehrgeiziges soziales Überwachungssystem einbezogen, mit Belohnungen von bis zu 20.000 Dollar für anonyme «Informanten» von hasserfülltem Verhalten. Dadurch werde praktisch ein selbstfinanziertes nationales Spionagesystem geschaffen, so der Journalist.
Der Entwurf führt außerordentliche strafrechtliche Sanktionen ein, einschließlich lebenslanger Haftstrafen. Dies gelte nicht nur für bereits bestehende Straftaten wie die «Befürwortung von Völkermord», sondern auch für jede «durch Hass motivierte Straftat». Das könne theoretisch jedes nicht kriminelle Vergehen sein, das in hasserfüllter Absicht begangen werde.
Ganz im Stil von «Minority Report» könnten auch potenzielle Verbrechen bestraft werden. Würde ein Informant einen Richter davon überzeugen, dass Sie in Zukunft eine «Hassstraftat» begehen werden, könnten Sie präventiv bis zu einem Jahr ins Gefängnis kommen – für Dinge, die Sie nicht getan haben.
Dinge, die Sie sagen, Dinge, die Sie bereits gesagt haben, Dinge, von denen ein Verwaltungsrichter glaubt, dass Sie sie sagen könnten: alles verboten – mit Nachbarn, die als Vollstrecker eingesetzt werden. Das würden gute Zeiten, fasst Taibbi die Aussichten zusammen.
Dank Trudeau sei ein «Quantensprung an der Rechtsfront» zustande gekommen. C-63 sei ein Monster, das die schlimmsten Zensurideen kombiniere, die bereits von verbündeten Regierungen in der EU (Digital Services Act), in Schottland (Hate Crime and Public Order Act) oder Australien (Australian Communications and Media Authority Act) umgesetzt wurden.
Ein Gesetz zur Überwachung sozialer Netzwerke habe Trudeau geschaffen. Es ziele in erster Linie darauf ab, große Plattformen wie Facebook und Twitter zur «Selbstkontrolle» zu zwingen. In zweiter Linie nehme es aber auch Einzelpersonen ins Visier und verhänge zivil- und strafrechtliche Sanktionen für Äußerungen und Gedanken in einem nie dagewesenen Ausmaß.
Der Gesetzentwurf definiere Hassreden neu als «geeignet, Verachtung oder Verunglimpfung» von Kanadas wachsender Liste geschützter Gruppen und Einzelpersonen zu schüren. Jedoch seien sich die befragten kanadischen Anwälte im Allgemeinen nicht sicher, wie diese Norm in der Praxis aussehen könnte.
Im Falle seiner Verabschiedung würde C-63 einschneidende Veränderungen mit sich bringen, schienen sich die meisten Anwälte einig zu sein, so der Journalist. Das Gesetz greife nicht nur das Konzept der individuellen Rechte an, sondern höhle auch Ideen aus, wie die Unschuldsvermutung und das Recht, dem Ankläger ins Gesicht zu sehen.
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