Summum ius, summa iniuria.
(Höchstes Recht kann höchstes Unrecht sein.)
Cicero
Liebe Leserinnen und Leser
Im Kontext der griechischen Tragödie gibt es den Begriff der «Tragischen Schuld». Was es damit auf sich hat, lernt man in der Regel im literaturwissenschaftlichen Proseminar oder auch schon im Deutsch-Leistungskurs. (Wobei ich mir da heute nicht mehr sicher bin, wann und ob das unterrichtet wird.) Schuld ist demnach dann «tragisch», wenn die Figur «unschuldig schuldig» wird. Das bedeutet, dass jede ihrer Handlungsoptionen in Schuld führt. Man kann also in der konkreten Situation nicht nicht schuldig werden. Die Figur befindet sich in einem unauflösbaren Dilemma oder anders gesagt: in einer tragischen Verstrickung.
Das Paradebeispiel dafür ist Ödipus, der – ohne es selbst zu wissen – seinen Vater tötet und seine Mutter heiratet. Ein weiteres klassisches Beispiel ist Antigone (Tochter und zugleich Schwester von Ödipus), die ihren Bruder Polyneikes bestattet (und somit dem göttlichen Gesetz gehorcht), obwohl König Kreon (ihr Onkel) dies verboten hat (somit verstößt sie gegen das weltliche Gesetz).
Tragische Schuld entsteht aus der gleichzeitigen Gültigkeit zweier einander widersprechender Gesetze, Pflichten oder auch Verbote. Nun kann man ein solches Dilemma jedoch auch bewusst herbeiführen oder inszenieren, indem man Menschen absichtlich in eine rechtliche Dilemma-Situation bringt. Konkret etwa dadurch, dass man ihr bisheriges Rechts- und Moralverständnis einfach auf den Kopf stellt. Genau das haben wir in der Corona-Zeit erlebt und sehen es noch immer.
Aktuell hat Achijah Zorn auf Tichys Einblick über «Ein weiteres fragwürdiges Urteil beruhend auf dem Corona-Narrativ» berichtet. Der Fall ist deswegen so erschütternd, weil er in besonderem Maße die tragische Verstrickung aufzeigt, in die so viele Menschen gebracht worden sind: In diesem Fall hat eine Richterin eine Zutrittserlaubnis zu einem Altenheim für ihren Vater, einen Gemeindepfarrer, erteilt. Ein Sterbender und dessen Angehörige hatten ausdrücklich darum gebeten, doch ihm wurde der Zutritt aufgrund der Pandemiemaßnahmen verweigert. Achijah Zorn meint dazu:
«Ich bin mir sicher, dass die Vollblut-Juristin Anna K. wusste, dass sie als Tochter ihrem Vater nicht einen Gerichtsbeschluss schreiben durfte. (…) Damit war Anna K. in einer Zwickmühle. Sie würde sich auf jeden Fall schuldig machen. Sie würde sich schuldig machen, wenn sie einen Gerichtsbeschluss im Sinne des IfSG § 30.4 für ihren eigenen Vater ausstellen würde. Sie würde sich aber ebenfalls schuldig machen, wenn sie den menschenwürdigen Wunsch der Sterbenden nach Begleitung missachten würde. Anna K. war in einer klassischen Dilemma-Situation gefangen.»
Nun könnte man meinen, die Sache sei jetzt, wo die C-Zeit vorbei ist, glasklar und für Anna K. und ihren Vater gut ausgegangen. Aber nicht doch:
«Dann ging es Anna K. an den Kragen. In einem internen Disziplinarverfahren wurde ihr der Richterstatus aberkannt. Jetzt am 21.6.2024 ist Anna K. vom Landgericht Gera wegen Rechtsbeugung zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden.»
Bizarrerweise wird also die Richterin Anna K, die ihrem Gewissen und dem Gebot der Menschlichkeit gefolgt ist, wegen Rechtsbeugung verurteilt – und nicht etwa all diejenigen, die während der Corona-Zeit systematisch Rechtsbeugung begangen und permanent Willkür haben walten lassen.
Man kann an dieser Stelle nur immer wieder auf das Standardwerk «Furchtbare Juristen» von Ingo Müller verweisen. Und hoffen, dass wenigstens ein paar Mitläufer aus der juristischen Zunft nachträglich zur Besinnung kommen. Ansonsten ist eine umfassende juristische Aufarbeitung respektive Rehabilitierung der zu Unrecht Verurteilten bis auf weiteres nicht zu erwarten, leider.
Herzliche Grüße
Susanne Schmieden
***********************
Hinweise:
Herzlichen Dank an alle, die Transition News treu unterstützen und damit unsere Arbeit und Unabhängigkeit erst ermöglichen!
***********************

***********************
Transition News-Jahrbuch 2023
Unser neues Jahrbuch 2023 ist erschienen. Das übergeordnete Thema ist die Spaltung der Gesellschaft und wie sich diese überwinden lässt.
Das Buch aus einer Sammlung der besten Beiträge von Transition News aus dem vergangenen Jahr. Hinzu kommen Gastbeiträge von bekannten Autoren, darunter Milosz Matuschek, Christian Kreiß, Ernst Wolff und Christoph Pfluger. Zu den untergeordneten Themen gehören Krieg, Corona, Wirtschaft, Klima, künstliche Intelligenz und die Gender-Ideologie.
Unser Jahrbuch bieten wir hier zum Verkauf an. Als Geschenk werden es Grossspender und diejenigen erhalten, die ein Spenden-Abo lösen.

***********************

Hier finden Sie unsere neuen Podcasts.
***********************

Weitere Themen im neusten Zeitpunkt:
-* Der verrückte Strommarkt und wie wir uns mit den Erneuerbaren den Konzernen unterwerfen, anstatt sie selber zu nutzen und autonom zu werden.
-* Eine ungemütliche Antwort auf die Frage, warum die EU ihre Wirtschaft zu Boden fährt
-* Ein Plädoyer für starke Männer, die ihre Macht mit Frauen teilen
-* Der Mechanismus des Scheiterns: indem wir Probleme so definieren, dass sie mit bestehenden Lösungen lösbar erscheinen.
Reichlich Lese- und Brennstoff, der Sie hoffentlich in die Lage versetzt, in diesen verrückten Zeiten klaren Kopf zu bewahren.
Für Fr./€ 10.- statt 15.– bestellen.
***********************

Pünktlich zum Sommeranfang: die brandneue Ausgabe von «DIE FREIEN» ist da!
Von wegen Unglückszahl – in unserer 13. Ausgabe eröffnen wir euch eine Schatztruhe voller Geschichten über Hülle, Fülle, Wachstum und Glück!
Wir freuen uns, wieder ganz besonders spannende Menschen mit dabei zu haben: Linard Bardill, Kayvan Soufi-Siavash, Prof. Dr. Konstantin Beck, Renato Pichler, Clarissa Frankfurt, Jérôme Schwyzer, Samuel Kullmann, Chloé Frammery, Mirko Betz, Dr. Anke Elisabeth Ballmann u.v.m.
Bestellen Sie Ihre Ausgabe gleich hier.
***********************