Die Politisierung des wissenschaftlichen Konsenses zu Themen wie Klimawandel und Covid-19 erschüttert die Grundlagen der Wissenschaft. Dies diagnostiziert die traditionsreiche Schweizer Zeitschrift Schweizer Monat. Der Artikel beleuchtet die Auswirkungen politischer Einflüsse auf den wissenschaftlichen Prozess und die daraus resultierenden schlechten politischen Entscheidungen. Die Autorin, Judith Curry, ist eine amerikanische Klimaforscherin und Vorsitzende des Climate Forecast Applications Network. Sie ist emeritierte Professorin am Georgia Institute of Technology.
Im 21. Jahrhundert sieht sich die Menschheit mit zahlreichen komplexen Problemen konfrontiert, die durch große Unsicherheiten und systemische Risiken gekennzeichnet sind. Der Klimawandel und die Covid-Zeit seien herausragende Beispiele. In solchen Fällen wird die Wissenschaft zunehmend politisiert, wobei die Suche nach der Wahrheit oft der Förderung einer bevorzugten politischen Lösung untergeordnet ist.
Politische Voreingenommenheit beeinflusse die Prioritäten der Forschungsfinanzierung, die Fragestellungen und die Interpretation der Ergebnisse, schreibt Curry. Wissenschaftliche Berichte und Medien filtern Tatsachenbehauptungen im Hinblick auf ihre politische Verwertbarkeit. Wissenschaftler würden unter Druck gesetzt, Konsenspositionen und moralische Ziele zu unterstützen, wobei dieser Druck von Universitäten, Berufsverbänden, aktivistischen Wissenschaftlern und staatlichen Förderstellen ausgeht.
Aktivistische Wissenschaftler nutzen ihre Position, um politische Agenden voranzutreiben. Dies beeinflusse auch die Berufsverbände, Fachzeitschriften und Konferenzen, was wiederum die Veröffentlichung und berufliche Anerkennung kontrolliert. Die Politisierung führe dazu, dass Wissenschaftler, die vom Konsens abweichen, eingeschüchtert oder zum Schweigen gebracht werden.
Eine zentrale Strategie der Politisierung sei die Herstellung eines wissenschaftlichen Konsenses zu politisch wichtigen Themen wie dem Klimawandel und Covid-19. Der IPCC-Konsens zum Klimawandel sei ein Beispiel für einen «fabrizierten Konsens», der durch einen absichtlichen Prozess der Konsensbildung im Rahmen dieser UNO-Organisation entstanden sei und politisch kanonisiert würde, wobei Unsicherheiten und Dissens unterdrückt würden.
Institutionalisierte Konsensbildung fördere das Gruppendenken und bestätige den Konsens selbstverstärkend. Dies behindere den wissenschaftlichen Fortschritt, da man Fragen nicht stelle und Untersuchungen nicht durchführe. Zudem untergrabe die Durchsetzung eines Konsenses die Selbstkorrektur der Wissenschaft durch Skepsis.
Ein prominentes Beispiel für einen falschen Konsens sei die frühe Übereinstimmung über den natürlichen Ursprung von Covid-19. Diese wurde durch politische und wissenschaftliche Statements durchgesetzt, die andere Hypothesen ausschlossen und Kritik unterdrückten. Erst spät, sehr spät, wurde dieser Konsens infrage gestellt, was die anfängliche politische und wissenschaftliche Manipulation offenlegte.
Ein künstlich hergestellter Konsens verdeckt Unsicherheiten und Meinungsverschiedenheiten, die für eine fundierte politische Entscheidungsfindung notwendig sind. Es sei wichtig, wissenschaftliche Unsicherheiten zuzulassen und Dissens anzuerkennen, um ein vollständigeres Bild der wissenschaftlichen Erkenntnisse und ihrer Grenzen zu vermitteln.
Die derzeitige Tendenz zur Konsens- und Cancel-Kultur schränkt in der Tat den Dialog über komplexe gesellschaftliche Themen wie den Klimawandel ein. Es ist notwendig, Raum für Dissens und Meinungsverschiedenheiten zu schaffen und wissenschaftliche Unsicherheiten anzuerkennen, um eine fundierte Entscheidungsfindung zu ermöglichen. Nur so kann die Menschheit im 21. Jahrhundert und darüber hinaus gedeihen, bilanziert der Schweizer Monat.
Der Schweizer Monat, früher Schweizer Monatshefte, ist eine Institution der liberalen Schweiz. Die Zeitschrift wurde 1921 gegründet und erscheint vierteljährlich.
******************
Unterstützen Sie uns mit einem individuellen Betrag oder einem Spenden-Abo. Damit leisten Sie einen wichtigen Beitrag für unsere journalistische Unabhängigkeit. Wir existieren als Medium nur dank Ihnen, liebe Leserinnen und Leser. Vielen Dank!
Oder kaufen Sie unser Jahrbuch 2023 (mehr Infos hier) mit unseren besten Texten im Webshop:
Kommentare