Der ukrainische Spionagechef der Armee, Generalleutnant Kyrylo Budanov, warnte in einem Interview mit der Financial Times (FT) vor einem Mangel an Streitkräften inmitten des fast zweijährigen Krieges. Er ist der Ansicht, dass eine Mobilisierung unverzichtbar ist, um die enormen Verluste auf Seiten der Ukraine auszugleichen. Gemäss der FT hat Russland ebenfalls erhebliche Verluste erlitten, kann aber auf weit mehr Streitkräfte und eine grössere Artillerie zurückgreifen.
Der FT zufolge hat Selenskyj kürzlich enthüllt, dass seine Armeechefs ihn gebeten haben, etwa «400’000 bis 500’000 neue Soldaten zu mobilisieren, um die Gefallenen oder Verwundeten zu ersetzen» und den an heftigsten Kämpfen Beteiligten ein Pause zu gönnen.
Laut Budanov haben die ukrainischen Truppen die stark befestigten Verteidigungsanlagen Russlands nicht entscheidend durchbrochen. Die Frontlinie sehe fast genauso aus wie vor einem Jahr. Dennoch versuchte er, für die Ukraine ein optimistisches Bild zu zeichnen und merkte an, dass ukrainische Einheiten diesen Sommer mehrmals in die Krim eingedrungen seien, indem sie Überfälle auf russische Stützpunkte durchführten.
ZeroHedge, das auf den FT-Beitrag aufmerksam macht, stellt fest: Die verstärkten Drohnen- und Raketenangriffe auf russische Grenzregionen, insbesondere auf die Stadt Belgorod, würden als Zeichen wachsender Verzweiflung betrachtet. Diese Angriffe hätten wenig oder keine strategische Bedeutung. Es seien eher Racheakte und vielleicht ein Versuch, einen «Preis» für die russische Bevölkerung zu fordern, um die Regierung von Vladimir Putin unter Druck zu setzen.
Laut dem Portal stossen der Plan und die zunehmende Klarheit über die Verluste der ukrainischen Streitkräfte auf Widerstand in der Bevölkerung und in Teilen der Regierung. Meldungen über den Missbrauch von Befugnissen unter Kriegsrecht durch die Sicherheitsdienste und Militärwerber sowie Korruptionsvorwürfe würden die Spannungen verstärken. Berichten zufolge habe die Armee sogar versucht, Männer mit diagnostizierter geistiger Behinderung einzuziehen.
Die Aussichten für die Ukraine im neuen Jahr werden von der FT als düster betrachtet. Budanov äusserte sich vorsichtig optimistisch.