Das «Advisory Committee on Immunization Practices» (ACIP), ein beratendes Gremium der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC, hat sich auf eine Neuausrichtung der Impfempfehlungen verständigt, wie vor einigen Tagen bekannt wurde. Im Zentrum standen zwei Themen: der Einsatz von Quecksilber-Zusätzen in Grippe-Impfstoffen und eine neue Empfehlung zur Immunisierung von Neugeborenen gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV). Das Gremium arbeitet unter neuer Leitung, eingesetzt durch Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr.
In einem klaren Votum sprach sich das Komitee gegen den weiteren Einsatz von Thiomersal-haltigen Grippeimpfstoffen aus. Thiomersal ist eine quecksilberbasierte Verbindung, die über Jahrzehnte als Konservierungsmittel in Impfstoffen verwendet wurde. Der Stoff ist seit Langem umstritten, da ihm in verschiedenen Studien neurotoxische Effekte zugeschrieben wurden – insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern. Zwar waren nur noch rund fünf Prozent der in den USA verwendeten Grippeimpfstoffe betroffen, dennoch galt die Entscheidung als symbolisch wichtig.
Befürworter der Maßnahme verweisen auf wachsende Hinweise aus toxikologischen und epidemiologischen Studien, die eine potenzielle Gefährdung durch Quecksilberverbindungen nahelegen. Gegner des Verbots argumentierten hingegen, dass es keinen belastbaren Zusammenhang zwischen Thiomersal und Erkrankungen wie Autismus gebe. Doch letztlich folgte das Komitee der Linie derjenigen Mitglieder, die auf die Vorsorgepflicht des Staates pochten und eine klare Trennung zwischen Impfempfehlungen und risikobehafteten Inhaltsstoffen forderten.
Während der Verzicht auf Quecksilber allgemein begrüßt wurde, sorgte eine andere Entscheidung des ACIP für erhebliche Kontroversen: die Empfehlung einer RSV-Impfung für alle Neugeborenen. Der vom Pharmaunternehmen Merck entwickelte Impfstoff steht in der Kritik, da erste klinische Studien auf eine erhöhte Nebenwirkungsrate hinweisen.
So zeigte sich demnach unter anderem:
- ein um bis zu 50 Prozent erhöhtes Sterberisiko bei geimpften Säuglingen,
- ein 350-prozentiger Anstieg von Infektionen der oberen Atemwege,
- sowie ein um 63 Prozent erhöhtes Risiko für Atemwegserkrankungen im unteren Bereich.
Zudem wurde festgestellt, dass geimpfte Neugeborene, die dennoch an RSV erkrankten, im Fall eines Krankenhausaufenthalts länger stationär behandelt werden mussten als ungeimpfte Kinder – ein Befund, der die Schutzwirkung des Impfstoffs infrage stellt.
Trotz dieser Bedenken sprach sich das Gremium mehrheitlich für die Zulassung und breite Anwendung des Impfstoffs aus. Auch die US-Arzneimittelbehörde FDA schloss sich dieser Position an, obwohl Fachleute aus Pharmakovigilanz und Pädiatrie zur Vorsicht mahnen. Der Vorwurf: Die möglichen Risiken überwiegen den nachgewiesenen Nutzen – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt.
Beobachter kritisieren die widersprüchliche Haltung der US-Behörden: Während man sich beim Grippeimpfstoff auf das Vorsorgeprinzip beruft und einen potenziell schädlichen Inhaltsstoff ausschließt, wird ein neuartiger, bislang nicht ausreichend bewährter Impfstoff für die Schwächsten in der Gesellschaft empfohlen – Neugeborene.
Die Debatte um die RSV-Impfung dürfte also weitergehen. Sie macht grundlegende Fragen der Impfpolitik deutlich: Wie sicher müssen Impfstoffe sein, um flächendeckend empfohlen zu werden? Wie transparent wird mit Risiken umgegangen? Und welche Rolle spielen wirtschaftliche und politische Interessen in gesundheitspolitischen Entscheidungen?
Was bleibt: ein Schritt in Richtung sicherere Impfstoffe – und gleichzeitig eine neue Kontroverse über den richtigen Umgang mit medizinischer Innovation und kindlicher Vulnerabilität.