Die Präsidentschaftswahlen in den USA nähern sich mit großen Schritten, und sowohl Vizepräsidentin Kamala Harris als auch der republikanische Kandidat Donald Trump bemühen sich, einflussreiche Gruppen hinter sich zu scharen. Zu diesen Gruppen gehört die mächtige Gewerkschaft Teamsters, die rund 1,3 Millionen Mitglieder vertritt. Doch in einem unerwarteten Schritt hat die Gewerkschaft beschlossen, zum ersten Mal seit 30 Jahren keinen der beiden Kandidaten zu unterstützen. Diese Entscheidung fiel nur zwei Tage nach einem Treffen von Gewerkschaftsführern mit Vizepräsidentin Kamala Harris.
Während die deutschsprachigen Medien nur am Rande berichteten, war diese Entwicklung der Washington Post am Donnerstag einen groß aufgemachten Artikel wert. Sie berichtete, dass Teamsters-Präsident Sean O’Brien nach dem Treffen mit Harris erklärt habe, dass «keiner der beiden großen Kandidaten in der Lage war, ernsthafte Zusagen zu machen, um sicherzustellen, dass die Interessen der Arbeitnehmer immer vor denen des Großkapitals stehen». Insbesondere hatte die Gewerkschaft konkrete Zusagen zu den Themen Streikrecht, gewerkschaftliche Kampagnen und Schlüsselindustrien gefordert – jedoch ohne Erfolg. Beide Seiten, sowohl Trump als auch Harris, konnten die Gewerkschaft nicht davon überzeugen, ihre Anliegen angemessen zu vertreten.
Die Entscheidung spiegelt eine tiefe Spaltung innerhalb der amerikanischen Gewerkschaftsbewegung wider. Während die Führung der Teamsters-Gewerkschaft eine neutrale Position einnimmt, haben zahlreiche Mitglieder in Umfragen klar gemacht, dass sie Trump bevorzugen. Zwei kürzlich veröffentlichte Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der befragten Mitglieder Trump unterstützt – 59,6 Prozent gegenüber 34 Prozent für Harris. Diese Ergebnisse sorgen für zusätzlichen Zündstoff, da viele Gewerkschaftsführer die Methodik der Umfragen anzweifeln und die Ergebnisse in Frage stellen.
Trotz ihrer Bemühungen, die Gewerkschaft von der arbeitsfreundlichen Bilanz der Regierung Biden-Harris zu überzeugen, hat Harris nur begrenzte Unterstützung erhalten. Ihre Kampagnensprecherin Lauren Heath betonte, dass «die starke gewerkschaftliche Bilanz der Vizepräsidentin der Grund ist, warum Teamsters-Ortsverbände sie bereits unterstützt haben». Sie verwies auch auf Trumps jüngste Äußerungen zur Entlassung streikender Arbeiter, was von vielen als Angriff auf Arbeitnehmerrechte gewertet wurde.
Auf der anderen Seite erklärte Karoline Leavitt, Sprecherin der Trump-Kampagne, dass «die hart arbeitenden Mitglieder der Teamsters laut und deutlich gesagt haben – sie wollen Präsident Trump zurück im Weißen Haus». Sie hob hervor, dass Trump sich für die Interessen der Arbeiterklasse einsetzen werde, sollte er wiedergewählt werden.
Die Entscheidung der Teamsters, keinen Kandidaten zu unterstützen, markiert einen historischen Bruch. Seit 1996 haben die Teamsters in jeder Präsidentschaftswahl die Demokraten favorisiert. Diese langjährige Allianz scheint jedoch zu bröckeln, vor allem, da Gewerkschaftspräsident O’Brien im Juli als erster Gewerkschaftsführer auf dem Parteitag der Republikaner sprach – ein Zeichen für die wachsende Kluft zwischen der Gewerkschaftsführung und den Demokraten.
O’Brien betonte, dass die Teamsters «ihre Stimmen nicht als selbstverständlich» ansehen und ihre Unterstützung nur jenen Kandidaten geben würden, die ihre Prioritäten vertreten. Er stellte klar, dass die Gewerkschaft unter enormem Druck stehe, die unterschiedlichen politischen Neigungen ihrer Mitglieder zu berücksichtigen.
Die Entscheidung der Teamsters könnte weitreichende Auswirkungen auf die Präsidentschaftswahl haben, insbesondere in den sogenannten «Blue Wall States», die demokratisch dominiert sind und wo die Gewerkschaft traditionell stark vertreten ist. Die fehlende Unterstützung der Gewerkschaft könnte das Rennen in diesen entscheidenden Staaten erheblich beeinflussen. Ob es aber reicht, das Blatt in diesen Staaten zugunsten von Trump zu wenden, muss sich zeigen.