Korruption ist schlimmer als Prostitution.
Diese gefährdet höchstens die Ethik des Individuums,
jene in allen Fällen die Ethik der Gesamtheit.
Karl Kraus
Liebe Leserinnen und Leser
Im rosaroten Jäckchen, mit ihrer unverwüstlichen «Drei-Wetter-Taft»-Helm-Frisur und ihrem Dauerlächeln landete sie in Kairo und hofierte den autoritären Herrscher Ägyptens. In der Tasche hatte sie für ihn etwa 7,4 Milliarden Euro. Dafür soll er unter anderem verhindern, dass sich Migranten von seinem Land aus Richtung Europa aufmachen.
Die Rede ist vom gestrigen Besuch der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beim ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi. Sie führte eine Delegation an, der auch die italienische Ministerpräsidentin, der griechische Ministerpräsident und der zyprische Präsident angehören, wie beispielsweise der Spiegel berichtete. Dort liest sich das so: «Die Europäische Union will ihre Beziehungen zu Ägypten mit finanziellen Zusagen in Milliardenhöhe ausbauen.»
Aha, die EU korrumpiert also nicht, sie «fördert Beziehungen». Das Abkommen umfasst Bereiche wie erneuerbare Energien, Handel und Sicherheit, wobei ein wichtiger Punkt die ägyptische Grenzkontrolle sein wird. Human Rights Watch kritisiert, der Deal mit Ägypten belohne Autoritarismus und verrate «EU-Werte». Während die Details noch verhandelt würden, sei der Plan derselbe wie bei den «mangelhaften» EU-Abkommen mit Tunesien und Mauretanien: «Migranten stoppen, Missstände ignorieren».
Die Menschenrechtsorganisation habe in der Vergangenheit willkürliche Verhaftungen und Misshandlungen von Migranten, Asylbewerbern und Flüchtlingen durch ägyptische Behörden sowie Abschiebungen nach Eritrea dokumentiert, die eine Zurückweisung darstellen würden. Der von der EU verfolgte Ansatz stärke autoritäre Herrscher und verrate Menschenrechtsverteidiger, Journalisten, Anwälte und Aktivisten, deren Arbeit mit grossen persönlichen Risiken verbunden sei. Ägypten sei das Paradebeispiel dafür. Und weiter:
«Seit der Machtübernahme durch einen Staatsstreich im Jahr 2013 und der Ernennung zum Präsidenten Ägyptens im Jahr 2014 haben Sisis Regierungen Ägypten mit eiserner Faust regiert. Sie sind verantwortlich für Massaker an Demonstranten und die Inhaftierung und Folterung tausender vermeintlicher Kritiker und Gegner, die sie oft in langwieriger Untersuchungshaft halten oder in äusserst unfairen Verfahren verurteilen. Unabhängige Medien und die Zivilgesellschaft wurden unterdrückt und die Justiz ist ein gehorsamer Arm der staatlichen Unterdrückung. Das regierende Militär hat seine Macht über das zivile Leben ausgeweitet.»
Dem Spiegel zufolge steigt die Zahl der Migranten, die derzeit versuchen, von Libyen aus Griechenland und damit die EU zu erreichen. Die griechische Regierung sei auch besorgt über die zunehmenden Ankünfte von Migranten ägyptischer Herkunft über eine neue Flüchtlingsroute vom libyschen Tobruk aus Richtung Kreta.
Libyen? Da war doch was. Genau, es war einmal das wohlhabendste Land in ganz Afrika und bot zahlreichen Menschen aus den umliegenden Ländern Arbeit – bis es 2011 von der NATO bombardiert und dessen Regierungschef Muammar al-Gaddafi von einem Mob gelyncht wurde. Nun streiten sich in Libyen mindestens zwei Regierungen um die Macht und es herrscht Chaos. Von einer Destination für Migranten wurde Libyen zu einer Transitroute.
Bezeichnend ist der Zeitpunk von «Uzi-Uschis» Besuch. Israel will nämlich seinen Angriff auf die Stadt Rafah in Gaza starten, die an der Grenze zu Ägypten liegt. Der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu hat diesen Plan am Samstag bekräftigt. Man wolle aber zuerst dafür sorgen, dass die Zivilbevölkerung flüchten könne.
Doch wohin sollen die rund 1,5 Millionen Menschen, die vom restlichen Gaza vor den israelischen Bomben dorthin geflüchtet sind, denn gehen? Selbst die WHO erachtet eine derartige Evakuierung als unmöglich. Israel arbeitet laut Netanjahu dennoch an einem «detaillierten Plan» für die Umsiedlung der Bewohner in den Norden des Gazastreifens. Dort ist aber alles zerstört.
So besteht schon länger der Verdacht, dass Israel den Druck auf die Zivilbevölkerung in der Enklave so weit erhöhen will, bis Ägypten die Grenze öffnet und die Palästinenser in das Land lässt. Womöglich wollte die EU nun vorbeugen und verhindern, dass diese Flüchtlinge bis nach Europa weiterziehen.
«Wir können nicht zusehen, wie Palästinenser den Hungertod riskieren», sagte der Bundeskanzler Olaf Scholz gestern in Jerusalem während eines gemeinsamen Pressestatements mit Netanjahu. Es werde viel mehr humanitäre Hilfe benötigt. Schöne Worte, doch genau das tut der Westen im Grunde seit Monaten: Zusehen – nicht nur, wie Palästinenser den Hungertod riskieren, sondern wie sie sterben.
Herzlich
Konstantin Demeter
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