Verdoppelte Waffenimporte der europäischen Staaten, die zu mehr als der Hälfte aus den USA stammen, meldet das Stockholmer Internationale Friedensforschungsinstitut (SIPRI). Im Zeitraum 2019 bis 2023 hätten Staaten in Europa fast doppelt so viele Waffen importiert wie im Vergleichszeitraum 2014-2018. Der Anstieg wird mit 94 Prozent angegeben.
Die Angaben stammen aus dem kürzlich veröffentlichten SIPRI-Bericht über die Trends bei den internationalen Waffenlieferungen. Danach gingen in den letzten fünf Jahren noch mehr Waffen als nach Europa nach Asien und Ozeanien.
«Die Daten zeigen eine besorgniserregende Tendenz zur Militarisierung, die den Bedarf an friedensfördernden Massnahmen und einem Umdenken in der internationalen Politik unterstreicht», heisst es dazu in einem Kommentar der unabhängigen Nachrichtenagentur Pressenza. Besonders besorgniserregend ist, dass mehr als die Hälfte dieser Importe nach Europa aus den USA stammen.
Die USA sind weiterhin der grösste Waffenexporteur und konnten ihre Lieferungen im Vergleich der beiden Zeiträume um 17 Prozent steigern, heisst es. Dagegen habe Russland einen Rückgang um die Hälfte zu verzeichnen, sei aber immer noch drittgrösster Waffenexporteur hinter Frankreich. Die Angaben erfolgen alle als Vergleichszahlen in Prozent und in Fünf-Jahres-Zeiträumen, ohne absolute Grössenangaben, um Trends deutlich zu machen.
«Rund 55 Prozent der Waffenimporte der europäischen Staaten im Zeitraum 2019-23 stammen aus den USA, gegenüber 35 Prozent im Zeitraum 2014-18», schreiben die SIPRI-Forscher. Gleichzeitig seien die europäischen Staaten für ein Drittel der weltweiten Waffenlieferungen verantwortlich. Das zeige «die starke militärisch-industrielle Kapazität Europas», heisst es. Weiter wird erklärt:
«Die Entscheidung der europäischen NATO-Staaten, Waffen aus den USA zu importieren, wird von vielen Faktoren beeinflusst, darunter das Ziel, die transatlantischen Beziehungen aufrechtzuerhalten, aber auch von eher technischen, militärischen und kostenbezogenen Fragen.»
Der Anteil der USA an den weltweiten Waffenexporten sei von 34 auf 42 Prozent gestiegen, erklären die schwedischen Friedensforscher. Nach ihren Angaben haben die USA 2019-23 wichtige Waffen an 107 Staaten geliefert, «mehr als in jedem anderen Fünf-Jahres-Zeitraum zuvor und weit mehr als jeder andere Waffenexporteur». Auf die USA und die westeuropäischen Staaten seien 2019-23 zusammen 72 Prozent aller Waffenexporte entfallen, während es in den Jahren 2014-18 62 Prozent gewesen seien.
«Die USA haben ihre globale Rolle als Waffenlieferant – ein wichtiger Aspekt ihrer Aussenpolitik – ausgebaut und mehr Waffen in mehr Länder exportiert als je zuvor», sagte Mathew George, Direktor des SIPRI-Programms für Waffentransfers, laut der Pressemitteilung des Instituts. Das geschehe zu einer Zeit, in der die wirtschaftliche und geopolitische Vorherrschaft der USA von aufstrebenden Mächten in Frage gestellt werde.
Die Ukraine sei in den Jahren 2019 bis 2023 zum grössten europäischen Waffenimporteuer geworden, heisst es. Weltweit nehme sie den vierten Platz ein, da seit dem russischen Einmarsch im Februar 2022 mindestens 30 Staaten grössere Waffen an Kiew liefern.
Russlands Waffenexporte sind den Angaben zufolge zwischen 2019 bis 2023 im Vergleich zu 2014 bis 2018 um mehr als die Hälfte (53 Prozent) zurückgegangen. Während Russland 2019 wichtige Waffen in 31 Staaten exportiert habe, seien es 2023 nur noch zwölf gewesen. Staaten in Asien und Ozeanien erhielten laut SIPRI 68 Prozent der gesamten russischen Waffenexporte im Zeitraum, wobei 34 Prozent auf Indien und 21 Prozent auf China entfielen.
Dem Bericht zufolge war Indien in den Vergleichszeiträumen der grösste Waffenimporteur der Welt. Hauptlieferant sei immer noch Russland mit einem Anteil von 36 Prozent, der aber erstmal innerhalb der Fünf-Jahres-Zeiträume unter der Hälfte liege.
Weltweit zweitgrösster Waffenimporteur war laut SIPRI Saudi-Arabien, mit sinkendem Anteil. Der Grossteil der importierten Waffen im Nahen Osten stamme aus den USA mit 52 Prozent Anteil vor Frankreich (12 Prozent) und Italien (10 Prozent). Die schwedischen Friedensforscher verweisen darauf, dass 69 Prozent der Waffenlieferungen an Israel aus den USA stammen, gefolgt von 30 Prozent aus Deutschland.
**********************
Unterstützen Sie uns mit einem individuellen Betrag oder einem Spenden-Abo. Damit leisten Sie einen wichtigen Beitrag für unsere journalistische Unabhängigkeit. Wir existieren als Medium nur dank Ihnen, liebe Leserinnen und Leser. Vielen Dank!
Oder kaufen Sie unser Jahrbuch 2023 (mehr Infos hier) mit unseren besten Texten im Webshop:
Kommentare