Eine Konfrontation zwischen den argentinischen Behörden und regierungskritischen Demonstranten, die über die Kürzungen der Staatsausgaben von Präsident Javier Milei verärgert sind, ist am Mittwoch eskaliert. Die Demonstranten, die die Hauptverkehrsstrasse von Buenos Aires blockierten, wurden gewaltsam auseinandergetrieben und acht Teilnehmer verhaftet. Dies berichten verschiedene Medien unter Berufung auf die Agentur Associated Press (AP).
Die Demonstrationsteilnehmer hatten sich vor dem Ministerium für Humankapital versammelt, der umstrittenen Behörde, die Argentiniens Sozialleistungen beaufsichtigt. Protestler, die mehr Lebensmittel für Suppenküchen forderten, hätten mit Stöcken und Steinen geworfen, Mülltonnen angezündet und eine der Hauptstrassen von Buenos Aires lahmgelegt.
Die Sicherheitskräfte sind seit Dezember 2023 ermächtigt, Demonstranten, die Strassen blockieren, zu vertreiben und zu verhaften. Die Regierung Milei hat auch damit gedroht, denjenigen die Sozialhilfe zu entziehen, die beschuldigt werden, den Verkehr zu behindern. Kritiker – darunter ein Team von Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen – hätten laut AP die Einschränkungen als Verletzung der bürgerlichen Freiheiten kritisiert.
Die argentinische Bevölkerung hat mit den schmerzhaften Sparmassnahmen von Milei und der steigenden Inflation zu kämpfen. In einem erwartet radikalen Versuch, die seit langem angeschlagene argentinische Wirtschaft zu stabilisieren, entliess der Präsident zum Beispiel Tausende öffentliche Bedienstete, kürzte Energie- und Verkehrssubventionen, strich öffentliche Bauvorhaben und reduzierte Transferzahlungen an die Provinzen.
Da die jährliche Inflation 276 Prozent übersteigt und viele Argentinier immer tiefer in die Armut abrutschen, strömen diese zunehmend zu den sogenannten «Suppenküchen». Solche Initiativen werden meist von linken Parteien oder sozialen Gruppen betrieben, um den Menschen über die Runden zu helfen.
In Argentinien reicht der Durchschnittslohn nicht aus, um eine Familie über der Armutsgrenze zu halten, wie die Medienplattform Open Democracy berichtet. Während die Lebensmittelpreise ähnlich hoch seien wie beispielsweise in Spanien oder den Vereinigten Staaten, liege der Mindestlohn in Argentinien bei umgerechnet 210 Dollar pro Monat.
Mileis Kürzungen haben jedoch auch die Suppenküchen getroffen, indem früher übliche Lebensmittellieferungen eingestellt und die Finanzierung gekürzt wurden. Die Verteilung von Nudeln, Reis, Yerba und anderen nicht verderblichen Lebensmitteln an die Volksküchen sind gemäss Open Democracy nach seinem Amtsantritt im Dezember fast sofort eingestellt worden.
Die neue Regierung begründe ihre drastischen Kürzungen mit der angeblich «willkürlichen und erpresserischen» Verwendung dieser Mittel durch die Gruppen, die die Suppenküchen betreiben. Sie behaupte, dass mehr als die Hälfte der 44’000 registrierten Volksküchen entweder nicht funktioniere oder gar nicht existiere. Das Ziel sei auch, unberechtigete «Mittelsmänner» auszuschalten und so Korruption zu bekämpfen.
María Claudia Albornoz, Leiterin von «La Poderosa», einer der grössten Bewegungen von Bewohnern der Armenviertel, halte diese Anschuldigungen für unbegründet, so Open Democracy. «Die Figur des Zwischenhändlers gibt es nicht», habe sie in einem Radiointerview gesagt.
Das ehemalige Ministerium für soziale Entwicklung – das von der Regierung Milei abgeschafft wurde – «kaufte die Lebensmittellieferungen und lieferte sie mit einem kleinen Lastwagen an die registrierten Küchen. Wir nahmen die Waren vom Lastwagen und lagerten sie, und je nach Anzahl der gelieferten Mahlzeiten reichten sie uns ein bis zwei Monate», erklärt sie.
Trotz allem gibt sich Albornoz zuversichtlich und kämpferisch:
«Wir Frauen unterstützen die Stadtviertel auf sehr anstrengende Weise. Wir sind sehr müde und erschöpft, aber wir können uns immer noch organisieren.»
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