Hinter der Trommel her
Trotten die Kälber
Das Fell für die Trommel
Liefern sie selber.
Der Schlächter ruft: Die Augen fest geschlossen
Das Kalb marschiert. In ruhig festem Tritt.
Die Kälber, deren Blut im Schlachthaus schon geflossen
Marschiern im Geist in seinen Reihen mit.
Bertolt Brecht
Liebe Leserinnen und Leser
Schon häufiger habe ich darüber geschrieben, dass es seit geraumer Zeit eine Tendenz zur Militarisierung der Bildung und insbesondere der Universitäten gibt (siehe zum Beispiel hier und hier).
Diese Entwicklung war zunächst eher subtil, wird aber immer offenkundiger und dreister, gleichzeitig wächst erfreulicherweise aber auch der Widerstand. Auf den Nachdenkseiten berichtet Ralf Wurzbacher von der Hochschule Flensburg und dem dortigen studentischen Protest gegen die Einführung eines Fachs «Wehrtechnik»:
«Das macht Hoffnung angesichts politischer Bestrebungen, die an etlichen Universitäten bestehenden Zivilklauseln ‹unschädlich› zu machen. (...)
Flensburg ist ein Fels in der Brandung. Tatsächlich sehen sich Deutschlands Hochschulen und Forschungsinstitute derzeit einer heftigen Stimmungsmache ausgesetzt. Demnach müsse die Wissenschaft ihre Distanz zum Militärischen aufgeben und sich aktiv in den Dienst der deutschen und europäischen Streitkräfte stellen.»
Die historische Zäsur wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, wann in Deutschland das letzte Mal Studenten zu Soldaten «umfunktioniert» worden sind. Auf der Website des Deutschen Historischen Museums findet sich ein Text mit dem Titel «Universitäten und Studierende im Zweiten Weltkrieg».
Dort sieht man unter anderem ein «Plakat mit der Information, dass die ‹Studentische Dienstpflicht› eingeführt wird» – das Plakat ist von 1940. Auch liest man dort gleich zu Beginn:
«Jahrzehntelang gehörten die deutschen Hochschulen zu den prestigeträchtigsten Institutionen des Deutschen Reiches und dienten in vielen Ländern als Vorbild für ähnliche Einrichtungen. Eine der Grundüberzeugungen der deutschen Hochschullehrenden war es, dass Wissenschaft und Politik, vor allem Parteipolitik, zwei grundsätzlich voneinander getrennte Bereiche bilden. Dass es trotzdem zu einer kampflosen Kapitulation der deutschen Wissenschaftler im Jahr 1933 kam, gehört wohl zu den größten Paradoxien der Hochschulgeschichte.»
Nun, wenn es so weitergeht wie aktuell, wird es vielleicht noch eine weitere «Paradoxie» geben: Dass sich die Universitäten und deren Vertreter nämlich trotz dieser Geschichte und jahrzehntelanger (vermeintlicher) «Aufarbeitung» ein weiteres Mal vor den Kriegskarren spannen lassen und insbesondere die Studenten zu Kanonenfutter machen.
Dem entgegenzuwirken, ist darum eine der dringendsten Aufgaben unserer Zeit, der wir uns auch bei Transition News unermüdlich widmen. Wie brisant und mannigfaltig das Thema Krieg momentan ist, können Sie unter anderem in der aktuellen Ausgabe von Transition TV erfahren sowie in zahlreichen Beiträgen auf unserer Website.
Einen Lichtblick in dieser Hinsicht möchte ich Ihnen am Ende noch mitgeben: Beim alternativen «NuoVision Songcontest» am letzten Samstag (nicht zu verwechseln mit dem Eurovision Song Contest in Basel!) hat nämlich folgendes Lied gewonnen: «Absage» von Yann Song King.
Es trifft mit scheinbar simplen Reimen so sehr den Nerv der Zeit, dass ich mir wünschen würde, es stünde in zwanzig, dreißig Jahren in den Liederbüchern unserer Schulen und würde von den Kindern und Enkeln derer gesungen, die sich jetzt nicht schon wieder für die Interessen anderer verheizen lassen. Der Refrain des Liedes lautet (in Abwandlung jeweils der ersten Zeile):
«Sprecht bitte nicht ... (vom Land/von Werten/von Freiheit/von Frieden),
sprecht von euren Interessen.
Dass wir für euch den Kopf hinhalten,
das könnt ihr glatt vergessen.»
In diesem Sinne: Viel Freude beim Hören und viel Erkenntnisgewinn mit unseren aktuellen Beiträgen!
Herzliche Grüße
Susanne Schmieden
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Herzlichen Dank an alle, die Transition News treu unterstützen und damit unsere Arbeit und Unabhängigkeit erst ermöglichen!
