Wenn man die Beiträge in den Medien betrachtet, die über den Besuch von US-Präsident Donald Trump in Saudi-Arabien berichten, erkennt man – vor allem in den deutschsprachigen Leitmedien – sofort eine große Oberflächlichkeit. Nicht dass das, was erwähnt wird, nicht den Tatsachen entspricht: das gesponsorte und mit viel Gold ausgestattete neue US-Regierungsflugzeug, die «Deals», der Handschlag mit dem neuen syrischen Machthaber, die in Aussicht gestellte Aufhebung der Sanktionen gegen Syrien, Rüstungsgeschäfte. Bei den eher den Demokraten nahestehenden US-Medien tönt es ähnlich – vielleicht etwas weniger oberflächlich. Wenn man aber die konservativen durchforstet – und etwas zwischen den Zeilen liest – dann entsteht das Bild einer Rede von Trump, die eine vernichtende Kritik an der amerikanischen Nahostpolitik der letzten Jahrzehnte übte.
In der Geschichtswissenschaft steht der Begriff «orientalische Frage» für alles, was sich aus dem Rückzug des ottomanischen Reiches auf das Kerngebiet der heutigen Türkei im 19. und frühen 20. Jahrhundert ergeben hat. Die Wurzeln der heutigen nahöstlichen Probleme liegen im Ersten Weltkrieg.
1916 verständigten sich Frankreich und Großbritannien im (geheimen) Syes-Picot-Abkommen auf die Aufteilung Arabiens. Man erkennt das Vorgehen immer noch an den praktisch mit dem Lineal gezogenen Grenzen. Die neu entstandenen Länder wurden nach dem Ersten Weltkrieg vom Völkerbund «als Mandat» Frankreich und Großbritannien überantwortet mit dem Auftrag, diese in die Unabhängigkeit zu führen.
Gleichzeitig versprach die sogenannte Balfour Deklaration (1917) den Juden eine Heimstätte in Palästina. Alteingesessene Araber, in Palästina damals noch größtenteils Christen, versuchten, sich der einströmenden jüdischen Einwanderer zu erwehren. Die leidvolle Geschichte des Nahostkonfliktes hat hier ihren Ursprung. Die USA kamen erst nach dem Zweiten Weltkrieg.
Wie in anderen Ländern auch, löste Amerika in einem durchaus nicht spannungsfreien Prozess Frankreich und Großbritannien als Hegemon ab. Die komplexe Geschichte der Region, die Vermischung mit dem Kalten Krieg, strategischen Interessen und der jederzeit gewünschte Zugriff auf die Rohstoffe – sprich: das Öl – der Region, führte zu vielen Interventionen und Gegenreaktionen. Als Beispiel sei nur der Sturz des demokratisch gewählten Premierministers des Iran, Mohammad Mossadegh, 1953. Die darauffolgende demonstrative Anlehnung des Schahs an die USA bereitete dessen Sturz und dem heutigen iranischen Regime die Bahn.
In einer Rede, die sowohl als außenpolitische Grundsatzansprache als auch als wirtschaftspolitischer Meilenstein interpretiert werden kann, positionierte sich Donald Trump in Riad als Kritiker genau dieser westlichen Interventionen im Nahen Osten zum Beispiel auch hier auf X).
«Der Erfolg kommt nicht von außen», erklärte Trump, «sondern von innen – von den Menschen der Region, die ihre Länder in ihrer eigenen Tradition aufbauen.»
Damit grenzte er sich deutlich von früheren US-Administrationen ab, die auf Nation-Building und militärisches Engagement gesetzt hatten. Trump nutzte die Bühne, um den tiefgreifenden Wandel in Saudi-Arabien als Modell für regionale Stabilität und Fortschritt zu präsentieren.
«Die glänzenden Wunderwerke von Riad und Abu Dhabi wurden nicht von (…) liberalen NGOs erschaffen», so Trump.
Stattdessen würdigte er den Kurs von Kronprinz Mohammed bin Salman, der mit seiner Vision 2030 Reformen auf wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene vorantreibt.
Ein zentrales Thema der Rede war die Abkehr von der bisherigen westlichen Nahostpolitik. Trump nannte «Neo-Cons» und «liberale Non-Profit-Organisationen» beim Namen und warf ihnen vor, durch jahrzehntelange Einmischung «Milliarden verschwendet» und «Gesellschaften zerstört» zu haben, die sie nicht verstanden hätten – eine kaum verhüllte Anspielung auf gescheiterte US-Missionen in Kabul und Bagdad.
Statt Chaos und Konflikt wolle man nun «Handel statt Terrorismus exportieren» und «Städte gemeinsam bauen, statt sich gegenseitig zu bombardieren», sagte Trump und lobte die neue Generation von Führungspersönlichkeiten in der Region, die alte Feindbilder überwinde.
Die Botschaft ist klar: Trump propagiert einen Nahen Osten, der sich auf seine eigenen Kräfte stützt, frei von westlichem Diktat – und die USA als bevorzugten Partner für wirtschaftliche Kooperation und Sicherheitspolitik sieht. Damit präsentiert sich Trump nicht nur als wirtschaftlicher Diplomat, sondern auch als ideologischer Gegenentwurf zur bisherigen Interventionspolitik des Westens. Trump fordert ein Ende westlicher Bevormundung und setzt auf regionale Eigenverantwortung – mit den USA als wirtschaftlich-militärischem Partner im Hintergrund.
Kommentar von Transition News
Es stellen sich dabei zwei Fragen: Will Trump diesen Politikwechsel auch auf den Palästinakonflikt übertragen? Wenig deutet in diese Richtung, wenn man weiß, was er bisher getan hat. Außerdem würden die innenpolitischen Widerstände in den USA ein großes Hindernis darstellen.
Und zum zweiten: Lässt sich ein derart radikaler Wechsel in der US-Nahostpolitik in den USA innenpolitisch durchsetzen – so berechtigt es auch sein möge? Auch hier ist eine gewisse Portion Skepsis angebracht. Die Bürokratie wurde zwar durchgeschüttelt, USAID aufgelöst oder wenigstens abgespeckt, aber die Geheimdienste sind noch da – und die dortigen Denkschemata dürften sich nicht wesentlich verändert haben.