Als der Westen Russland 2014 mit einem Ausschluss aus dem SWIFT-System drohte, begann eine Entwicklung, deren Tragweite heute deutlich spürbar ist. Moskau reagierte prompt mit dem Aufbau eines eigenen Zahlungssystems, dem System for Transfer of Financial Messages (SPFS), das 2017 offiziell eingeführt wurde. Ursprünglich als Notlösung konzipiert, ist SPFS inzwischen zu einem wichtigen Bestandteil des russischen Finanzsystems geworden. Über 177 ausländische Institutionen aus 25 Ländern haben sich dem Netzwerk angeschlossen – ein deutliches Zeichen dafür, dass die angedrohten Sanktionen keineswegs das gewünschte Ergebnis erzielten.
Parallel dazu arbeitete China an einer eigenen Lösung: 2015 wurde das grenzüberschreitende Interbanken-Zahlungssystem (CIPS) ins Leben gerufen. In weniger als einem Jahrzehnt entwickelte sich CIPS zu einem der bedeutendsten Zahlungsnetzwerke der Welt. Mit inzwischen fast 4800 teilnehmenden Banken, etwa der Hälfte der bei SWIFT registrierten Institute, zeigt China eindrucksvoll, wie schnell ein alternatives System globale Akzeptanz finden kann – besonders in einem geopolitischen Klima, das zunehmend von Blockbildung und Misstrauen geprägt ist.
In diesem Kontext reifte bei den BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) früh die Erkenntnis, dass eine gemeinsame, grenzüberschreitende Zahlungsplattform notwendig ist – unabhängig von westlich dominierten Strukturen. Bereits 2018 begannen die fünf Staaten mit der Entwicklung von BRICS Pay. Ziel war es, ein Zahlungssystem zu schaffen, das anstatt einer Leitwährung (sprich: dem Dollar) nationale Währungen nutzt, bilaterale Transaktionen vereinfacht und finanzielle Souveränität stärkt. Die ersten Testläufe wurden 2019 gestartet.
Ein Meilenstein folgte im Oktober 2024, als China offiziell seine volle Unterstützung für BRICS Pay erklärte – ein klares politisches und wirtschaftliches Signal. Seitdem hat das Projekt erheblich an Dynamik gewonnen. BRICS Pay ist nicht nur eine technische Infrastruktur, sondern ein Symbol für die Neuausrichtung der globalen Finanzarchitektur. Mit dem wirtschaftlichen Gewicht der BRICS-Staaten im Rücken – die inzwischen in ihrer Gesamtleistung die G7 übertreffen und mehr als ein Drittel der globalen Wirtschaftsleistung ausmachen – wird BRICS Pay als ernstzunehmende Alternative zu SWIFT wahrgenommen.
Was BRICS Pay besonders macht, ist sein strategischer Ansatz: Statt lediglich ein weiteres Zahlungssystem zu sein, setzt es auf Interoperabilität, digitale Innovation und politische Unabhängigkeit. So könnte BRICS Pay in Zukunft nicht nur im Globalen Süden, sondern auch in anderen Teilen der Welt, die sich nach mehr Souveränität im Zahlungsverkehr sehnen, großen Anklang finden.
In einer Welt, in der wirtschaftliche Abhängigkeiten zunehmend zur geopolitischen Waffe werden, ist BRICS Pay weit mehr als ein technisches Projekt. Es ist ein Ausdruck eines neuen Selbstbewusstseins – und möglicherweise der Beginn einer multipolaren Finanzordnung.