In der britischen Bevölkerung wächst angesichts zunehmender Lebenshaltungskosten die Unzufriedenheit. Nach Angaben des Medienportals Zero Hedge sind am 1. Oktober für Millionen von britischen Haushalten die Energiepreise gestiegen. Zudem habe die Inflation ein Vierzigjahreshoch erreicht.
In den sozialen Medien kursierten Videos, in denen Briten mit Schildern auf ihre schwierige finanzielle Lage hinwiesen. «Can’t afford to live », «Freeze profit, not people» und «Eat the Tories» – so die Schriftzüge von einigen Transparenten. Der Protest wurde von der anonymen Gruppe Don’t Pay UK organisiert. Diese setzt sich dafür ein, dass mehr als eine Million Briten sich weigern, in diesem Winter ihre Stromrechnungen zu bezahlen.
Inzwischen zählt die Bewegung fast 200’000 Mitglieder. In Schottland waren bereits Ende August entrüstete Bürger auf die Strasse gegangen, um gegen die hohen Energierechnungen zu demonstrieren (wir berichteten).
«Millionen von uns werden einfach nicht in der Lage sein, den Kopf über Wasser zu halten; viele werden frieren, wenn das Wetter kalt wird», sagte ein Sprecher der Kampagne. Auch in Italien sind am Wochenende Demonstranten durch die Strassen gezogen und haben als Zeichen des Protests ihre Stromrechnungen verbrannt.
In Grossbritannien fiel der Protest mit der neuen Energiepreis-Obergrenze zusammen, die am 1. Oktober in Kraft getreten ist. Dadurch ist die durchschnittliche Stromrechnung pro Haushalt von £1971 (2265 Euro) auf £2500 (2873 Euro) pro Jahr angestiegen. Nach Informationen von Zero Hedge wären die jährlichen Rechnungen ohne das Eingreifen der Regierung noch weiter in die Höhe geschnellt.
Diese Preisobergrenze für einen typischen Haushalt habe sich jedoch seit dem letzten Jahr verdoppelt. Zero Hedge weist darauf hin, dass die neue britische Premierministerin Liz Truss erklärt habe, die Unterstützung der Regierung für Haushalte und Unternehmen schütze diese vor einer Hyperinflation im Energiesektor. Inzwischen stellten die Briten Truss’ angekündigte Unterstützung jedoch in Frage. Laut einer aktuellen Meinungsumfrage liege die Labour-Partei mit 33 Prozent deutlich vor den Konservativen, während es bei ihrem Amtsantritt vor drei Wochen noch 14 Prozent gewesen seien.
Laut Zero Hedge ist der UK Misery Index auf dem schlechtesten Stand seit drei Jahrzehnten. Der Misery Index (Elendsindex) steht für die Summe von Inflationsrate und Arbeitslosenquote. Dahinter steht die Annahme, dass sowohl Arbeitslosigkeit als auch Inflation hohe wirtschaftliche und soziale Kosten verursachen. Letzte Woche habe das Medienportal darauf hingewiesen, dass die Hälfte der britischen Haushalte im Januar von Brennstoffarmut betroffen sein werde.
Ausserdem habe das Portal auf die «weitverbreiteten Unruhen» hingewiesen, die wegen der Krise der Lebenshaltungskosten im Vereinigten Königreich drohten. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Kristalina Ivanova Georgieva, sagte kürzlich, ein strenger Winter könnte die Energiekrise verschärfen und zu sozialen Unruhen führen. Der Leiter der Internationalen Energieagentur, Fatih Biro, meinte, es bestehe die Gefahr, dass Europa auseinanderbrechen könnte (wir berichteten).
Zero Hedge erwähnt abschliessend, dass eine Studie von Verisk Maplecroft, des britischen Unternehmens für Risikoberatung, zu folgendem Ergebnis kommt: Europa steht auf der Liste jener Gebiete, in denen in den nächsten sechs Monaten mit sozialen Unruhen zu rechnen ist.
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