Der US-Investmentbanker Jeffrey Epstein wurde 2019 angeklagt, einen Ring zur sexuellen Ausbeutung von Minderjährigen unterhalten zu haben. Am 10. August 2019 wurde er in seiner Zelle nicht ansprechbar aufgefunden, im Krankenhaus wurde wenig später sein Tod festgestellt. Hierzu hat die Trump-Regierung kürzlich die Thesen vom Tisch gefegt, Epstein könnte im Besitz einer Liste von Prominenten gewesen sein, die in seine kriminellen Aktivitäten involviert waren, und in seiner Gefängniszelle ermordet worden sein. Doch diese Thesen lösen bei vielen Kopfschütteln aus, denn es gibt etliche begründete Zweifel an ihnen (siehe dazu zum Beispiel hier).
Jetzt zeigen sich Familienmitglieder einer prominenten Anklägerin von Jeffrey Epstein «empört» über die Art und Weise, wie das US-Justizministerium mit Ghislaine Maxwell, der langjährigen Gefährtin von Jeffrey Epstein, umgeht. So hatte das Ministerium im vergangenen Monat die Abschriften der Aussage von Ghislaine Maxwell an einen Bundesanwalt weitergegeben und am vergangenen Freitag Audioaufnahmen und Transkripte des zweitägigen Interviews mit Maxwell publik gemacht. Darin hatte sie mehrere Vorwürfe von Fehlverhalten gegen sich selbst und Epstein zurückgewiesen sowie Bill Clinton und Donald Trump «reingewaschen». Maxwell sei damit eine «Plattform, um die Geschichte umzuschreiben», geboten worden. Das berichtet NBC News.
Bei der Familie handelt es sich um die von Virginia Roberts Giuffre, Hauptklägerin gegen den bereits 2008 wegen Prostitution einer Minderjährigen verurteilten Jeffrey Epstein. Giuffre verstarb am 25. April dieses Jahres – offiziell durch Suizid, doch ihr Vater äußerte Zweifel an der Selbstmordtheorie. NBC News zitiert aus einer Erklärung der Familie wie folgt:
«Der Inhalt dieser Transkripte steht im direkten Widerspruch zur Verurteilung der Schwerverbrecherin Ghislaine Maxwell wegen Kindersexhandels. Diese Justizfarce entkräftet die Erfahrungen der vielen mutigen Überlebenden, die ihre Sicherheit und ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben, um ihre Verurteilung zu erreichen, darunter auch unsere Schwester.»
So hatte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Todd Blanche Ghislaine Maxwell, die eine 20-jährige Haftstrafe wegen Menschenhandels verbüßt, am 24. und 25. Juli verhört. Dies war Teil der erklärten Bemühungen der Trump-Regierung, mehr Informationen über Epsteins Verbrechen ans Licht zu bringen. Das zentrale Problem: Die US-Regierung lässt offenkundig jegliche kritische Einstellung vermissen.
Giuffre hatte Maxwell nämlich vorgeworfen, sie für den sexuellen Missbrauch durch Epstein vorbereitet und an mehrere seiner mächtigen Freunde, darunter Prinz Andrew, den Herzog von York, verkauft zu haben. Giuffre verklagte Andrew 2021 separat und sagte aus, er habe sie als Minderjährige sexuell missbraucht, was er bestreitet. Die beiden einigten sich 2022 auf einen Vergleich. Britische Zeitungen berichteten von einem Gesamtumfang von etwa zwölf Millionen britischen Pfund. Queen Elizabeth II. soll rund 2,3 Millionen Britische Pfund beigesteuert haben.
Während des Interviews mit Blanche sagte Maxwell hingegen, Giuffres Anschuldigung gegen Andrew sei «nicht stichhaltig», und sie bestritt wichtige Fakten des Falls, darunter, dass folgendes Foto, auf dem Prinz Andrew, Giuffre und Maxwell zu sehen sind, echt sei:
Das Foto soll von Jeffrey Epstein selbst aufgenommen sein. Wie The Guardian berichtete, wurde es am 10. März 2001 in Epsteins Haus aufgenommen. The Steeple Times wiederum schrieb, es sei in Maxwells Wohnung in London entstanden.
Doch laut Sky News sagte Maxwells Bruder Ian später zu der Aufnahme, er erkenne die Kulisse wieder. Und The Telegraph brachte Anfang 2023 dazu die Story «Berichten zufolge ist das Foto von Prinz Andrew mit Virginia Giuffre echt: Das Bild soll in einem einstündigen Fotolabor in Florida gedruckt worden sein und ‹praktisch unmöglich› zu fälschen sein».
Dennoch konnte Maxwell im Interview mit Blanche folgende Aussage loswerden: «Ich glaube, dass die ganze Sache inszeniert wurde, und ich kann Ihnen einige möglicherweise bestätigende Beweise dafür nennen.»
Giuffres Familie wirft dem stellvertretenden Generalstaatsanwalt nun vor, Maxwells Behauptungen im Zuge des Interviews nicht ausreichend in Frage gestellt zu haben. Sie deutete an, dass das Justizministerium Maxwell durch die Veröffentlichung des Interviews die Möglichkeit gegeben habe, ihren Fall vor dem «Gericht der öffentlichen Meinung» anzufechten. In besagter Erklärung der Familie heißt es dazu:
«Während des bizarren Interviews mit [dem stellvertretenden Generalstaatsanwalt] Todd Blanche wird sie nie zu ihren gerichtlich bewiesenen Lügen befragt, was ihr eine Plattform bietet, die Geschichte umzuschreiben.»
Maxwell betrieb auch weiteres Whitewashing, indem sie behauptete, sie habe nie unangemessenes Verhalten von irgendeinem Mann, auch nicht von Donald Trump, erlebt. Sie bestritt des Weiteren die Existenz einer belastenden «Kundenliste» von Personen, die von Epsteins Verbrechen profitiert hätten, und beteuerte ihre Unschuld, nachdem sie 2021 wegen Sexhandels verurteilt worden war.
NBC News zitiert in diesem Zusammenhang den Senator Adam Schiff von den Demokraten in Kalifornien, der kritisiert, Maxwell habe die Motivation, alles zu sagen, was möglicherweise zu ihrer Begnadigung führen könnte.
«[Blanche und seine Kollegen] gehen hin und führen dieses Interview ohne die Anwesenheit eines Staatsanwalts, der die Fakten tatsächlich kennt. Sie will eine Begnadigung. Sie sagt genau das, was ihre Anwälte ihr sagen, was für eine Begnadigung notwendig ist. Das sollte niemanden überraschen»
Die Familie Giuffre kritisierte derweil auch, dass Maxwell am 1. August in eine Minimum-Security-Einrichtung verlegt wurde – wohlgemerkt ohne offizielle Begründung –, als beunruhigendes Signal dafür, «dass Kindersexhandel akzeptiert und belohnt wird».
ZeroHedge macht hier auf das pikante Detail aufmerksam, dass das US-Justizministerium Maxwell noch im Jahr 2020 des Meineids beschuldigt hat, jetzt aber praktisch als «eine gottesfürchtige, bodenständige Amerikanerin» präsentiert werde, «die ihre Hand auf die Bibel stützt und im Interesse der Gerechtigkeit und völligen Transparenz die reine Wahrheit sagt, als eine vorbildliche (eingebürgerte) Bürgerin, der alle nacheifern sollten».
Doch wer mit Verstand kann dies wirklich ernst nehmen? ZeroHedge geht dabei auch auf zentrale Punkte ein, die die Widersinnigkeit von Maxwells Aussagen offenkundig machen:
- Was die erwähnte «client list» («Kundenliste») angeht, so sagte Maxwell: «Es gibt keine Liste. Fangen wir damit an. Ich kann die Entstehung dieser Geschichte von Anfang an für Sie nachvollziehen, falls Sie daran interessiert sind (...) Mir ist keine Erpressung bekannt. Ich habe nie davon gehört. Ich habe es nie gesehen und ich habe es mir nie vorgestellt.» Dazu ZeroHedge: «Dies ist vielleicht das erste Mal in der Geschichte, dass ein Täter wegen Sexhandels verurteilt wird, ohne dass jemand bekannt ist, an den die Sexsklaven verkauft wurden. Wie merkwürdig!»
- Nicht weniger widersinnig erscheint der Umstand, dass Jeffrey Epstein keine Sexvideos mit Kindern aufbewahrt haben soll, obwohl sein gesamtes New Yorker Anwesen, einschließlich der Schlafzimmer, mit Videokameras ausgestattet war.
- Auch Bill Clinton wusch Maxwell gegenüber Blanche mal so eben rein: «Da war diese Sache mit dem Flugzeug, wissen Sie, die beiden sind 26 Mal oder so mit dem Flugzeug geflogen. Das wäre eine Reise gewesen. Sie haben also Zeit zusammen im Flugzeug verbracht, und ich glaube nicht, dass es jemals eine Massage im Flugzeug gegeben hat. Das wäre also die einzige Gelegenheit gewesen, bei der Präsident Clinton meiner Meinung nach eine Massage hätte bekommen können. Und das hat er nicht, weil ich dabei war» (siehe hier, Seite 104). Doch was sollte einen dazu veranlassen, Maxwell zu glauben? Wieso wurde Clinton nie von Strafverfolgungsbehörden wie dem FBI oder der Justiz direkt zu seinen Flügen mit Epstein befragt (siehe dazu hier)? Und wie kann so jemand wie Clinton von Epsteins Missbrauchstaten nicht einmal etwas gewusst haben, wo er über Jahre hinweg in sehr engem Kontakt mit dem Investmentbanker stand – und wo doch auch von Clinton in Epsteins Manhattaner «Bude der Verderbnis» ein bizarres Bild hing, auf dem er ein blaues Kleid und rote Pumps trägt?
- Laut Maxwell hat Epstein zudem mit keinem ausländischen oder inländischen Geheimdienst konspiriert. Doch, wie wir berichteten, zeigt etwa ein Dokument, dass «Jeffrey Epstein FBI-Informant war». Auch gibt es Hinweise darauf, dass der verurteilte Sexualstraftäter mit dem US-Geheimdienst CIA in Verbindung stand. Tucker Carlson bringt aktuell Israels Mossad ins Spiel.