Nimm nur Erinnerungen mit,
hinterlasse nichts ausser Fussspuren.
Chief Seattle
Liebe Leserinnen und Leser
Vor genau 19 Jahren war ich zu dieser Jahreszeit in Australien, zuerst als Austauschschülerin in Melbourne, dann im sogenannten Outback, im australischen Landesinneren. Daran musste ich vor ein paar Tagen denken. Warum, das weiss ich gar nicht mehr.
Ich weiss aber noch, dass ich in der Corona-Zeit besonders schockiert war von den drastischen Massnahmen in Australien und insbesondere in Melbourne. Dort habe ich vor fast 20 Jahren ein paar Monate bei einer Gastfamilie verbracht. Was hätte ich wohl gemacht, wenn das in jener Zeit passiert wäre?
Man stelle sich vor: Damals konnte ich circa einmal pro Woche eine oder zwei E-Mails an Freunde schreiben, vom Computerraum der Schule aus. Und ebenfalls circa einmal pro Woche konnte ich kurz (weil teuer!) mit dem Festnetztelefon (mit Schnur) im Wohnzimmer der Gastfamilie mit meinen Eltern telefonieren. Ich habe auch viele Briefe und Postkarten geschrieben, die teilweise erst nach mir angekommen sind …
Seit ich ein Kind war, wollte ich unbedingt einmal nach Australien. Auch hier: Warum, weiss ich nicht mehr. Und dass es dann in der Schulzeit geklappt hat, sogar als Austauschschülerin und nicht bloss als Touristin, war ein unglaublicher Glücksfall. Ich bin dankbar für diese Erfahrung, die man insgesamt so umschreiben kann: Es war zugleich eine Enttäuschung und ein Übertreffen aller Erwartungen.
Das städtische Leben, die Schule, der Alltag haben mich irritiert und fasziniert, aber ich wusste recht schnell, dass ich in diesem Land nicht längere Zeit leben können würde. Zu sehr würde mir die europäische Kultur, insbesondere die städtische Kultur fehlen. Die historische Aura europäischer Städte fehlt in Australien naturgemäss vollständig. Zuweilen hatte ich das Gefühl, in einer Kulisse zu leben.
Doch es gab einen Ort, an dem ich mich unerwarteterweise so geborgen und frei gefühlt habe, wie nirgendwo jemals zuvor oder danach: Das war nachts unter dem Sternenhimmel irgendwo im australischen Outback.
Dabei bin ich gar nicht besonders naturverbunden. Und vor der Tour ins Outback hatte ich damals ein mulmiges Gefühl. Aber ich erinnere mich noch an den Moment, in dem ich nachts im Schlafsack, mitten im Nirgendwo, in die Sterne schaute und das Gefühl hatte: Mir kann auf dieser Welt nichts passieren, hier bin ich zu Hause. Und das buchstäblich am anderen Ende der Welt.
Der noch heute vorherrschende Rassismus gegenüber den australischen Ureinwohnern wäre noch einmal ein Thema für sich. Auch die Respektlosigkeit, mit der insbesondere europäische Touristen an den heiligen Stätten der «Aborigines» buchstäblich herumtrampeln, ist ein sehr unangenehmes Thema.
Immerhin wurde diesem Verhalten vor ein paar Jahren per Gesetz Einhalt geboten. (Und nein, ich bin nicht auf den Uluru gestiegen, aus Respekt vor diesem heiligen und tatsächlich magischen Ort. Obwohl es damals noch nicht verboten war.)
Warum erzähle ich Ihnen das alles? Nun: Seitdem hat mich dieses Gefühl aus dem Outback nie mehr ganz verlassen. Und Reisen als eine Art «Flucht» ist mir fremd. Aber die heutige Art zu reisen hat doch bei vielen Zeitgenossen etwas Fluchtartiges, so mein Eindruck. Ich weiss aber: Vor mir selbst kann ich nicht flüchten und das ist auch gut so. Wohin wir auch gehen, reisen, flüchten, uns selbst haben wir immer dabei.
Als ich im Zuge meiner plötzlichen Erinnerung an Australien ziellos im Internet herumsuchte, bin ich dann auch auf dieses Lied gestossen. Zunächst fand ich es kitschig. Aber beim zweiten Mal Hören hat es mich genau an diese Erfahrung erinnert, die ich Ihnen hier versucht habe zu vermitteln: Die exakte Balance zwischen Freiheit und Verbundenheit mit der Welt. (Der Text stammt, zumindest laut Beschreibung unter dem Video, von einem 11-jährigen Mädchen!)
Ich wünsche allen Verreisten derlei Erfahrungen und den Daheimgebliebenen solche Erinnerungen.
Allen Schweizerinnen und Schweizern wünsche ich ausserdem einen schönen 1. August! Und damit auch die Eidgenössische Fauna friedlich feiern kann: Vermeiden Sie, den Tieren und sensiblen Menschen zuliebe, lautes Feuerwerk. Ein traditionelles Feuer zum Beispiel erschreckt niemanden und ist ausserdem besinnlicher.
Wir von Transition News arbeiten auch an diesem Nationalfeiertag. Doch zur Feier des Tages habe ich mir einmal erlaubt, in Erinnerungen zu schwelgen, anstatt den herrschenden Wahnsinn zu analysieren.
Herzliche Grüsse
Susanne Schmieden
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Redaktion und Moderation: Christoph Pfluger
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