Chronische Schmerzen im unteren Rückenbereich sind weltweit eine der häufigsten körperlichen Beschwerden. Eine oft diagnostizierte Ursache ist die sogenannte Spondylolisthesis. Darunter versteht man das Vorwärtsgleiten eines Wirbelkörpers gegenüber dem darunter liegenden. Sie soll bei 20 Prozent der erwachsenen Bevölkerung auftreten.
Eine spezielle und besonders oft vorkommende Art der Spondylolisthesis ist die degenerative Spondylolisthesis der Lendenwirbelsäule (LDS). Sie tritt vor allem bei über 50-Jährigen auf und häufiger bei Frauen als bei Männern. «LDS ist die Folge einer Degeneration der Bandscheiben und der Facettengelenke, die zu Wirbelgleiten, Schmerzen und möglichen chirurgischen Eingriffen führt», wie News Medical in dem Beitrag «Are back problems influenced by your gut?» («Werden Rückenprobleme durch den Darm beeinflusst?») schreibt.
Faktoren wie Arthritis, geschwächte Bänder und verringerter Bandscheibenabstand verschlimmern LDS, was wiederum die Behandlung erschwert und die Wahrscheinlichkeit von Beschwerden und eingeschränkter Mobilität erhöht.
In einer kürzlich durchgeführten Studie mit dem Titel «Gut microbiome dysbiosis is associated with lumbar degenerative spondylolisthesis in symptomatic patients» («Dysbiose des Darmmikrobioms ist bei symptomatischen Patienten mit degenerativer Spondylolisthesis der Lendenwirbelsäule assoziiert») wurde untersucht, wie sich die Darmgesundheit auf die Gesundheit der Wirbelsäule auswirkt, insbesondere auf den Zusammenhang mit der degenerativen Spondylolisthesis der Lendenwirbelsäule (LDS). Die Forscher analysierten dabei die Daten von 51 Patienten, die an der Lendenwirbelsäule operiert worden waren, und verglichen die Patienten mit LDS mit denjenigen ohne LDS.
Durch die Untersuchung von Wirbelsäulenbildern und Darmbakterien mittels DNA-Sequenzierung fanden sie heraus, dass ein Ungleichgewicht der Darmbakterien, die so genannte Darmdysbiose, Entzündungen fördern kann, was wiederum zu LDS beitragen könnte. Die Studie zeigte, dass sich die Arten und die Vielfalt der Darmbakterien zwischen Menschen mit und ohne LDS deutlich unterscheiden.
Die Ergebnisse zeigten auch, dass Menschen mit LDS eine vielfältigere Mischung von Darmbakterien und höhere Werte von Bakterien aufwiesen, die mit Entzündungen in Verbindung gebracht werden. News Medical schreibt dazu:
«LDS-Patienten wiesen erhöhte Werte von entzündungsfördernden Bakterien wie Dialister und CAG-352 auf, während die Werte von entzündungshemmenden Bakterien wie Slackia und Escherichia-Shigella abnahmen. Diese mikrobiellen Unterschiede deuten auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Darmdysbiose und der Entwicklung von LDS hin.»
Diese Ergebnisse deuten also darauf hin, dass ein Ungleichgewicht der Darmbakterien zur Degeneration der Wirbelsäule beitragen kann beziehungsweise die Darmgesundheit die Behandlung chronischer Wirbelsäulenerkrankungen unterstützen könnte.
Auch andere Arbeiten verweisen auf den Wert einer gesunden Darmflora. In einer australischen Studie vom September 2020 etwa wurde die Zusammensetzung der Darmflora bei übergewichtigen Personen untersucht. Ein Teil hatte im Vormonat über Rückenschmerzen geklagt, der andere Teil hatte keine Rückenschmerzen. Die Ernährungsgewohnheiten und das Bewegungspensum waren bei allen Teilnehmern ähnlich.
Dabei stellte man fest, dass die Probanden mit Rückenschmerzen im Vergleich zu jenen ohne Rückenschmerzen mehr Darmbakterienstämme von Adlercreutzia, Roseburia und Christensenellaceae hatten. Besonders die Bakterien Adlercreutzia blieben bei den Schmerzpatienten auch im Laufe eines Jahres sehr viel höher als in der Gruppe der Teilnehmer ohne Schmerzen.
Die Zahl der Adlercreutzia-Bakterien war in der Schmerzgruppe umso höher, je höher auch der Body-Mass-Index war. (Der Body-Mass-Index, auch Körpermasse-Index, Körpermassenzahl oder Quetelet-Kaup-Index ist eine Maßzahl für die Klassifizierung des Körpergewichts eines Menschen in Relation zu seiner Körpergröße.) In der schmerzfreien Gruppe gab es diesen Zusammenhang aber nicht, so dass dieser Überhang an Adlercreutzia-Bakterien eher mit den Schmerzen in Verbindung zu stehen schien und nicht mit dem Übergewicht. Die Autoren schlussfolgerten:
«Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Rückenschmerzen mit einer veränderten Zusammensetzung der Darmmikrobiota in Verbindung stehen, möglicherweise durch eine erhöhte Entzündung. Weitere Studien, die die zugrundeliegenden Mechanismen beschreiben, könnten Strategien zur Verringerung der Adlercreutzia-Häufigkeit zur Behandlung von Rückenschmerzen aufzeigen.»
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