Mit dem Recht ist irgendetwas passiert. Viele denken sich: Das ist doch kein Rechtsstaat mehr. Ärzte, die nach bestem Wissen und Gewissen ihren Patienten Maskenatteste ausgestellt haben, werden von den Gerichten hart bestraft − selbst jetzt noch, wo aufgeflogen ist, daß das Robert-Koch-Institut im Jahr 2020 die Gefährlichkeit des «neuen Coronavirus» auf Befehl der Politik hochgestuft hat.
Nicht nur die Rechtsprechung ist empörend. Noch schlimmer ist es, daß der Staat den Bürger am laufenden Band drangsalierende Gesetze verabschiedet wie das «Infektionsschutz-» oder das «Gebäudeenergiegesetz».
Das liegt daran, daß das, was der Staat „Recht“ nennt, nicht Recht ist. Unsere Vorfahren wußten, daß man Recht nicht machen kann, wie beispielsweise Fritz Kern im Aufsatz «Recht und Verfassung im Mittelalter» dargelegt hat. Recht ist etwas zu Entdeckendes. Die Annahme, daß der Staat Recht machen kann, hätten sie genauso absurd gefunden wie die Annahme, daß man mathematische Sätze machen kann.
Es gibt zwar im Recht Spielräume, die durch die Tradition ausgefüllt werden, etwa wie hoch das Strafmaß für eine bestimmte Straftat sein soll. Aber ein König kann es nicht einfach einen Befehl, Masken zu tragen, zu Recht machen. Der König steht selbstverständlich auch unter dem Recht.
Wenn ein König sich erdreistet, ungerechte Gesetze zu erlassen, ist das ein Frevel. Er versündigt sich an den Menschen und an Gott. Jeder sollte dann nach Kräften Widerstand leisten. Ungerechten Gesetzen zu gehorchen, ist keine Tugend, sondern im Gegenteil Feigheit und Unterstützung des Bösen.
Heute hingegen, wo angeblich die «Gleichheit» als Rechtsprinzip gilt, darf der Staat lauter Dinge tun, die dem Bürger oder den Unternehmen verboten sind. Der Staat behauptet, Recht erzeugen zu können, indem er Gesetze verabschiedet, und er erkennt kein Recht und keinen Gott über sich an.
Für seine selbstgemachten Gesetze fordert er dann Gehorsam ein, und Ungehorsame bestraft er. Er erläßt Befehle und nennt diese «Recht». Die Gerichte betreibt der Staat praktischerweise gleich selbst.
So sind wir von einer Gesellschaft, in der man annahm, daß Recht nicht gemacht werden kann, zu einer Gesellschaft geworden, in der man annimmt, daß alles Recht vom Staat gemacht wird. Wenn man einen Staat mit der Möglichkeit ausstattet, praktisch beliebige «Gesetze» zu erlassen, wird er unweigerlich früher oder später plündern und herrschen.
Doch bei dieser Staatskritik sollten wir nicht stehen bleiben. Die Abwendung vom Recht ist auch eine Abwendung von Gott. Nach christlicher Auffassung ist das Recht auch von Gott nicht gemacht, sondern Gott ist selbst gut und gerecht. Das Gute ist in ihm, es ist ein Teil Gottes.
Das Christentum hat zwar immer gelehrt, daß das Recht nicht vom Menschen gemacht wird, aber zuerst weist es auf etwas anderes hin. Es prangert nicht zuerst die Verhältnisse und die ungerechten Gesetze an, sondern es lenkt den Blick des einzelnen zuerst auf sich selbst.
Christus lenkt meinen Blick auf mich, auf mein Herz. Denn es nützt mir nichts, wenn ich das Unrecht des Staates erkenne und anprangere, aber die eigenen Fehler und die eigene Schuld und meine Beziehung zu Gott nicht in Ordnung gebracht habe.
Menschen, die im Sozialismus, im Wokeismus und oder in ähnlichen Geisteszuständen leben, kritisieren die Verhältnisse und schießen auf andere die stärksten moralischen Verurteilungen. Aber sich selbst hinterfragen und verbessern sie nicht. Das Evangelium hingegen weist mich zuerst auf meine Schuld und meine Fehler hin, weil es mich davon befreien und zu Gott führen möchte.
Der Hinweis auf die Sünde und der Aufruf zur Buße sind vielen Menschen fremd geworden. Es mag manchem schwer fallen zu glauben, daß er Vergebung von Gott braucht. Ist denn meine Schuld so groß? Braucht Gott denn meine Buße?
Statt die Antwort auszusprechen, die im Neuen Testament − zum Beispiel in Apostelgeschichte 2,38-40 und 2. Korinther 5,19-21 − ständig dem Leser nahegebracht wird, will ich nur sagen: Bitte prüfen Sie es selbst.
************
Der Autor, Daniel von Wachter, ist Professor für Philosophie mit den Schwerpunkten Religionsphilosophie, Willensfreiheit und Kausalität. Er lebt mit seiner Familie im Fürstentum Liechtenstein. Mehr Informationen unter www.von-wachter.
Kommentare