Wie kaum ein zweiter Ort in Deutschland steht das Hambacher Schloss für das Streben nach Freiheit. Rund 30’000 Menschen – eine für das Jahr 1832 gewaltige Zahl – machten sich auf zur damaligen Ruine und hissten die schwarz-rot-goldene Fahne. Sie forderten «Meinungs- und Pressefreiheit, Einheit und Demokratie».
An diese Tradition knüpfen nun die jährlichen Neuen Hambacher Feste ebenso an wie die inzwischen zweiwöchigen Kundgebungen am Fuße des Schlosses. In deren Rahmen war ich am 3. Advent zu einer vorgezogenen Weihnachtsfeier eingeladen. «Weihnachten und unsere Freiheit» war das Thema meiner Ansprache, die ich hier stark gekürzt weiterreiche.
Soviel weiss man von der Weihnachtsgeschichte, dass damals sozusagen der Himmel aufgegangen war. Engel hätten gesungen, und den Menschen war das Herz weit geworden. Zu diesen Menschen stellen wir uns nun. Vielleicht kriegen wir ja etwas ab von diesem offenen Himmel und diesem weiten Herzen.
«Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das judäische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger.» – Der Arzt Lukas in seinem Evangelium, Kapitel 2, Verse 1-5
Die Weltgeschichte schlägt zu. Ein junges Paar aus der tiefen Provinz ist auf einmal mit der hohen Politik konfrontiert. Auf eine recht willkürliche Anordnung hin sollten sie für eine Volkszählung an einen bestimmten Ort reisen; «weiss der Himmel, warum!» Widerstand lag nicht drin; sie müssen ihre Grenzen anerkennen.
Ja, mitunter gilt es gnädig zu sein: mit sich selber und mit anderen, wenn sie, wenn wir selber, angesichts äusserem Druck unsere Grenzen erreicht haben und es einfach nicht anders geht als mitspielen.
«Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.» – Lukas 2,6-7
Die Sache schaukelt sich auf. Erst im neunten Monat viele Kilometer an Eselsritt und dann auch noch überfüllte Herbergen. Ein Stall muss reichen, und anstelle eines Kinderbettes gibt es einen Futtertrog.
Ja, die Sachen schaukeln sich erst einmal auf:
- von «Corona» zu den angepeilten Maßnahmen einer weltweiten Dauer-«Pandemie»,
- von geraubter Identität und Geschichte zur mutwilligen Dauer-«Bereicherung»,
- von ohnehin schon zensierten Medien zu dauerhaft überwachten digitalen Finanzen mit einem fetten «Bürgergeld» als Einstiegsdroge.
Der Himmel scheint verschlossen zu bleiben.
«Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.
Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden; Friede den Menschen des Wohlgefallens!» – Lukas 2,8-15
Unerwartet öffnen sich Türen; ja mehr als Türen. Der ganze Himmel scheint offen zu stehen. Engel erscheinen, und sie hören wunderbare Worte. Das wünschte man sich auch in unseren Tagen, so ein Erlebnis, das durchgreift. Aber erstens kommt es anders, zweitens als man denkt, und drittens, wie der Himmel es eingerichtet hat.
Werfen wir einen Blick auf den triumphalen Gesang der Engel:
«Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden;
Friede den Menschen des Wohlgefallens!»
So lautet dieser Vers, richtig übersetzt. Von einem «Friede auf Erden» war nie die Rede. Statt einem Dreizeiler – «Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede auf Erden, und den Menschen ein Wohlgefallen» – haben wir im Originaltext einen Zweizeiler: Der «Friede» ist da für jene, die sich dieses Geschehen und diesen Retter «wohlgefallen» lassen: Das Geschehen wirken lassen, ein Staunen darüber zulassen, und aus dem Staunen heraus in neuer Freiheit atmen.
Wie kommt man da `ran? Was könnte man dazu beigetragen? Nun, was hatten diese beiden Leutchen dazu beitragen? Nicht viel. Sie haben es sich soweit in den Umständen eingerichtet und versucht, das Beste draus zu machen. Das heisst immerhin, sie sind angesichts von allem Gegenläufigen unterwegs nicht verzweifelt. Eine Art Grund-Vertrauen scheint sie begleitet zu haben. «Der Himmel wird schon nicht gegen uns sein.»
«Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. Da sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, welches zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. Und alle, vor die es kam, wunderten sich über die Rede, die ihnen die Hirten gesagt hatten. Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.» – Lukas 2,16-20
Den Menschen selber weitet es sich jetzt. Sie kommen vom ungläubigen bis neugierigen Staunen in ein befreites Anerkennen. Man kann das nicht «machen». Man kann sich dem nur aussetzen, es sich «wohlgefallen» lassen.
Als distanzierte Neuzeiter haben wir es eher drauf, uns eine solche Geschichte allenfalls «wohl gefallen» zu lassen, vielleicht aus jener «emotionalen Anhänglichkeit» heraus mit der alle Winter «auch hartgesottene Modernisten Zuflucht bei der Nestwärme und Vertrautheit christlicher Adventstraditionen und Weihnachtsbräuche» suchen, wie eine Anna Diouf kürzlich räsonnierte.
Aber damit bliebe man innerlich draussen. Wer sich hingegen etwas «wohlgefallen» lässt, der wagt Berührung, und wovon ich berührt bin, das bringt mich zum Innehalten – der wohl ersten Wirkung dieses zugesagten Friedens.
Diesem Gott dann auch die «Ehre» geben, «wie im Himmel, so auf Erden», das dürfte dem sehr nahekommen, wie die je eigene Weihnacht gedacht war, gedacht ist: der Mensch in wiedergewonnener innerer Freiheit, die nach aussen weiterwirken wird.
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