Die Coronakrise hat zu einer wahren Flut an Daten rund um SARS-CoV-2 geführt, die vorschnell und teils sinnentfremdet die Basis von «Prognosen» lieferten. Zu diesem Schluss gelangt der an der Universität Freiburg in der Schweiz lehrende Mediziner Prof. Arnaud Chiolero in einem Fachbeitrag für die Schweizerische Ärztezeitung.
«Es wurden viele Statistiken erstellt, Kurven gezeichnet, Vorhersagen getroffen und viel Lärm in den Medien und den sozialen Netzwerken erzeugt», schreibt Chiolero, und: «In dieser "Infodemie" war aber erstaunlicherweise nur wenig entscheidungsfördernde Information enthalten.»
Als Beispiel für die Fehlinterpretation des Datenmaterials nennt der Forscher die Erstellung der sogenannten Prognosen:
«Über die Medien zu verkünden, dass es in der Schweiz bis zu 30’000 Todesfälle geben könnte und Intensivbetten fehlen werden, schafft Angst in der Bevölkerung, ohne dass die übermittelte Information selbst wirklich entscheidungsfördernd ist. Prognosen dieser Art sind vor allem Hochrechnungen für Planungsszenarien (gelegentlich auch Extrem-Szenarien). Viel zu oft werden sie aber als das interpretiert «was kommen wird» und der bestehende Unsicherheitsfaktor wird nicht deutlich genug kommuniziert.»
Als Ausweg aus der Krise empfiehlt Chiolero ein neu zu errichtendes Organ:
«Wie im Fall der MeteoSchweiz bräuchte es ein nationales Gremium zur Koordinierung von Überwachung, Prognose und Kommunikation. Ein solches Gremium, das politisch unabhängig und fachlich eng mit den Leistungserbringern des Gesundheitswesens, den Versicherungsgesellschaften, den Experten des öffentlichen Gesundheitswesens und den Hochschulen zusammenarbeitet, würde eine effizientere und wirksamere Überwachung gewährleisten und den Kantonen, dem Bund und der Bevölkerung wirklich dienen.»