Die bisher nur ungenau mögliche Bestimmung des SARS-CoV-2-Infektionsdatums erschwerte die Beurteilung der Effektivität der Corona-Maßnahmen in Deutschland.
Neue Daten erlauben nun eine bessere Schätzung des Infektionsverlaufs – und führen zu anderen Folgerungen als frühere Studien.
Welche Maßnahmen die Eindämmung des Coronavirus in Deutschland herbeigeführt haben, ist umstritten.
Um die Wirksamkeit der Corona-Massnahmen zu beurteilen, ist nicht das Meldedatum der SARS-CoV-2/COVID-19-Fälle, sondern deren der Tag, an dem die jeweilige Infektion stattfand entscheidend. Dieses Datum ist nicht bekannt und wird in den Fallzahlen des Robert-Koch-Institutes (RKI) nicht dokumentiert, daher muss es aus den gemeldeten Fällen ermittelt werden.
Die Zeit zwischen der Infektion und dem Erscheinen in der Fallstatistik besteht aus zwei Zeitperioden: 1) Die Zeit zwischen Infektion und Erkrankungsbeginn, also dem Auftreten erster Symptome (Inkubationszeit) und 2) Die Zeit zwischen Erkrankungsbeginn und Meldung des Falls durch die Gesundheitsämter an das RKI (Meldeverzug).
Die bisher geltende Zeitperiode zwischen Infektion und Meldung (5,2 Tage Inkubationszeit + 2-3 Tage Meldeverzug = 7-8 Tage) ist zu gering eingeschätzt. Tatsächlich beträgt diese Verzögerung in Deutschland ca. 12 Tage (5 Tage Inkubationszeit + 7 Tage Meldeverzug).
Der Meldeverzug wird in der offiziellen Berechnung des Infektionsverlaufs berücksichtigt, nicht aber die Inkubationszeit.
Weil die offiziellen Zahlen der Realität hinterherhinken, ist auch die Beurteilung der Wirksamkeit der Massnahmen unsicher. Die in Deutschland am 23. März in Kraft getretene Kontaktsperre dürfte deshalb die entscheidende „Trendwende“ – das Abflachen der Infektionskurve(n) – nicht herbeigeführt haben, da dies bereits vorher erfolgte.