Die USA, die sich seit Jahrzehnten als weltpolitische Ordnungsmacht begreifen, setzen ihre Macht auch auf subtile Weise ein. Sanktionslisten und die Kontrolle über den US-Dollar dienen als Instrumente zur Durchsetzung amerikanischer Interessen. Diese Macht, die durch die US-Behörde OFAC (Office of Foreign Assets Control) ausgeübt wird, ermöglicht es den USA, Unternehmen und Einzelpersonen weltweit zu bestrafen – ohne Rechtsverfahren, ohne Beweise und ohne Möglichkeit zur Verteidigung.
Aktuell sind etwa 12.000 Menschen und Organisationen auf diesen Listen, die oft ohne klare Begründung und ausschließlich aufgrund vermuteter Verstöße gegen US-amerikanische Sanktionen geführt werden. Ein prominentes Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit sind die beiden Zürcher Anwälte Andres Baumgartner und Fabio Delcò, wie zum Beispiel der Betreiber des medienkritischen Blogs Zackbum, René Zeyer, diese Woche schreibt. Diese betreuen vor allem russischsprachige Klienten und wurden am 30. Oktober 2024 von der OFAC auf die schwarze Liste gesetzt. Der Vorwurf: ein unbestimmter Verstoß gegen Sanktionen, die vor allem Russland betreffen. Doch weder ein Strafverfahren noch eine Anklage gegen die Anwälte existieren, weder in den USA noch in der Schweiz.
Die Konsequenzen für die betroffenen Personen und Unternehmen sind verheerend: Sobald jemand auf dieser Liste landet, sehen sich die Betroffenen einem finanziellen Ruin gegenüber. Banken und Finanzinstitute weltweit meiden diese Personen, ihre Konten werden ohne Erklärung gekündigt, Kreditkarten sind nicht mehr nutzbar, und Guthaben werden eingefroren. Finanzinstitute, die sich gegen die US-Sanktionen stellen könnten, riskieren, selbst ins Visier der USA zu geraten. Denn die USA haben die Möglichkeit, den globalen Zugang zum US-Dollar zu verwehren – eine Drohung, die für jedes Finanzinstitut die sofortige Existenzbedrohung bedeutet.
Was jedoch besonders besorgniserregend ist, ist die Reaktion der Schweiz auf diese Übergriffe. Die Schweiz hat zwar offiziell keinen Sanktionen der USA zugestimmt, sondern lediglich die Sanktionen der Europäischen Union übernommen, doch die Schweiz reagiert auf die amerikanischen Maßnahmen mit einem entmutigenden Zögern. Auch wenn US-Sanktionen in der Schweiz rechtlich keine Wirkung haben sollten, verhalten sich Schweizer Banken aus Angst vor Konsequenzen immer wieder USA-hörig und beenden Kundenbeziehungen, ohne den Sachverhalt genau zu prüfen. Ein juristischer Kommentar des Freiburger Professors Marcel Niggli bringt es auf den Punkt:
«Aus einer Risikoperspektive der Banken ist das Vorgehen nachvollziehbar, aus rechtsstaatlicher Perspektive jedoch katastrophal.»
Es ist genau dieser Punkt, der die politische und rechtliche Souveränität der Schweiz gefährdet. Die Banken und die Regierung scheinen fremdem Druck nachzugeben, einem Vorgehen, das Schweizer Staatsbürger, gegen die hierzulande nichts vorliegt, ruinieren kann. Normalerweise schweigen Betroffene und versuchen, sich irgendwie aus dieser Zwangsjacke zu befreien. Anders Andres Baumgartner und Fabio Delcò, die beiden Anwälte wehren sich.
Die Schweizer Regierung schweigt oder reduziert die Geschehnisse auf einen «Einzelfall». Doch diese Haltung ist zynisch, da sie die eigentliche Problematik ignoriert: Die USA üben Druck aus, und die Schweiz gibt diesem Druck ohne nennenswerte Gegenwehr nach, respektive lässt es zu, dass die USA in der Schweiz Druck auf Einzelpersonen ausüben.
Der Fall Baumgartner und Delcò zeigt in aller Deutlichkeit, wie die US-amerikanische Macht auch in Ländern wie der Schweiz in Bereiche vordringt, die sie nach internationalem Recht eigentlich nicht betreffen sollte. Doch die Öffentlichkeit in der Schweiz beachtet nicht, dass so die Souveränität und die Unabhängigkeit des Rechtssystems zunehmend untergraben werden.
Nur die Neue Zürcher Zeitung und die Weltwoche hielten den Fall Baumgartner und Delcò einer Berichterstattung würdig. Und die Plattform Zackbum – und jetzt wir.