In einem YouTube-Video hat der französische Premierminister François Bayrou vor der Gefahr einer katastrophalen Überschuldung seines Landes gewarnt. Mit diesem Argument rechtfertigte er seinen Mitte Juli vorgestellten Finanzgesetzentwurf für 2026 mit geplanten Haushaltseinsparungen von 44 Milliarden Euro. Bayrou erklärte:
«Wir sind von einem Übel bedroht, dem wir nicht entkommen können, wenn wir nicht mutig sind. Dieses Übel ist die Überschuldung.»
Nach Angaben des Premierministers besteht diese Gefahr, «weil wir sie durch 50 Jahre Ungleichgewicht haben entstehen lassen». Unter Hinweis auf den letzten «ausgeglichenen» Haushalt, der aus dem Jahr 1974 stammt, betonte er die Dringlichkeit der «heute» zu ergreifenden Maßnahmen:
«Wir können das nicht auf morgen verschieben.»
In seiner Rede beschrieb Bayrou eine Anhäufung der Schulden Frankreichs, die «jede Sekunde eines jeden Tages und einer jeden Nacht» um 5000 Euro steigen. Er erwähnte auch die astronomische Zahl von 100 Milliarden Euro Schuldenlast, die bis 2029 zu erwarten sei, wenn nichts unternommen werde, um dieses «Phänomen einzudämmen». Bayrou tat kund:
«Wenn wir uns nicht entschließen, uns zusammenzureißen, handeln wir gegenüber unseren Mitbürgern unverantwortlich.»
François Bayrou hatte schon Mitte Juli seinen Haushaltsplan vorgestellt, mit dem Einsparungen in Höhe von fast 44 Milliarden Euro erzielt werden sollen. Zu den geplanten Maßnahmen gehören ein Haushaltsstopp für das Jahr 2026, in dem die Sozialleistungen eingefroren werden. Zudem sind erhebliche Einsparungen in Höhe von fünf Milliarden Euro geplant, die den Gesundheitssektor und die lokalen Gebietskörperschaften betreffen. Auch die Abschaffung von bis zu zwei Feiertagen wurde zur Diskussion gestellt. Das Aufrüstungsbudget für das Jahr 2026 wird trotzdem um 3,5 Milliarden Euro aufgestockt.
Das YouTube-Video, in dem der Premierminister dem Volk diese schlechte Nachricht verkündete, ist laut BFM.TV die erste Folge einer Reihe, die Bayrou gestartet hat, um die Frage des Haushalts 2026 anzusprechen, der im Herbst diskutiert werden soll. «Dem Zeitpunkt, an dem sich alles entscheiden wird», wie er sagt.
Das Phänomen der tieferen Verschuldung um etwa 5000 Euro im Sekundentakt kennt auch Deutschland. Wie der Bund der Steuerzahler am 24. Juni 2025 berichtete, rast die Schuldenuhr dort mittlerweile mit 5094 Euro pro Sekunde. Als Grund wurde die vom Bundeskabinett an diesem Tag beschlossene massive Neuverschuldung im Bundeshaushalt 2025 genannt, sowie die Aufstockung der Sondervermögen. Vor dieser Entscheidung tickte sie bereits schnell: Die Schulden erhöhten sich pro Sekunde um 2798.
Der Bund der Steuerzahler wies auch darauf hin, dass die Regierung für das laufende Jahr neue Schulden in Höhe von 143,1 Milliarden Euro machen wird. Enthalten sind darin:
- 81,8 Mrd. Euro Nettokreditaufnahme für den regulären Bundeshaushalt
- 24,1 Mrd. Euro für das Sondervermögen «Bundeswehr»
- 37,2 Mrd. Euro für das neue Sondervermögen «Infrastruktur und Klimaneutralität»
Zum Vergleich: Bis zu diesem Zeitpunkt war die Schuldenuhr für 2025 lediglich von rund 72 Milliarden Euro Bundesneuverschuldung ausgegangen.
«Mit dem heutigen Kabinettsbeschluss legt die Bundesregierung den Turbo bei der Verschuldung ein – mit gravierenden Folgen für die künftige Haushaltsstabilität und Generationengerechtigkeit», erklärte der Präsident des BdSt, Reiner Holznagel.
Auch gesamtstaatlich werde das Bild immer dramatischer, informierte der Bund der Steuerzahler. Mit Ländern und Kommunen summiere sich die Neuverschuldung 2025 auf über 160 Milliarden Euro, wobei der Bund allein rund 90 Prozent dieses Betrags verantworte. Und das sei erst der Anfang: «Laut Finanzplan der Bundesregierung sollen die Schulden in den kommenden Jahren weiter steigen – ebenso wie die Zinsausgaben. Bereits für 2029 kalkuliert die Regierung mit über 60 Milliarden Euro Zinslasten im Bundesetat.»
Doch damit nicht genug: Laut dem Bund der Steuerzahler könnte sich die deutsche Schuldenuhr im Laufe des Jahres erneut beschleunigen. Denn sobald die neuen gesetzlichen Verschuldungsspielräume für die Länder – in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) – wirksam werden, sei mit weiteren Nachtragshaushalten und Kreditaufnahmen auf Landesebene zu rechnen.
Noch stehe der Bundestagsbeschluss zum Bundeshaushalt 2025 aus, teilt der Bund der Steuerzahler mit. Erst mit der finalen Verabschiedung im September werde die tatsächliche Nettokreditaufnahme feststehen – und damit auch eine neue Anpassung der Schuldenuhr.
Es ist allerdings anzumerken, dass die Staatsschulden im Verhältnis zum BIP in Frankreich wesentlich höher sind als in Deutschland, nämlich 114,1 Prozent im ersten Quartal 2025 zu 62,3 in Deutschland. Im europäischen Ranking stehen Griechenland, Italien und Frankreich bei der Staatsverschuldung in Relation zum BIP an vorderster Front. Auf Platz vier und fünf reihen sich Belgien und Spanien ein, Deutschland liegt auf Platz 15.