«Die Kirche ist weder links noch rechts, sie ist für alle da.»
Andreas Nufer, Pfarrer an der Heiliggeistkirche in Bern

Liebe Leserinnen und Leser

Am Wochenende fiel mir bei den Tamedia-Zeitungen das Abschiedsinterview mit Pfarrer Andreas Nufer auf, der sich in der Heiliggeistkirche in Bern besonders für Geflüchtete einsetzte. Er zieht nach 13 Jahren weiter nach Zürich. Im Interview erklärt er, warum er die Schweizer Asylpolitik kritisiert und sich öffentlich für Benachteiligte engagiert. Nufer, der sich in der Tradition der Befreiungstheologie sieht, betont, dass die Kirche eine politische Haltung vertreten muss, vor allem wenn es um Themen wie Migration geht.

Nufer kritisiert die politische Nutzung von Migranten als Sündenböcke. Trotz der negativen Reaktionen bleibt er standhaft und betont auch angesichts des Mitgliederschwundes der Kirchen, dass diese unbequem sein müssen, um ihren Auftrag zu erfüllen.

Es handelte sich um ein typisches Gefälligkeitsinterview, wie man es zum Abschied mit einer wichtigen Person macht. Keine peinlichen oder harten Fragen, kein Nachhaken.

So hat man ihm zum Beispiel die Frage erspart, warum der Eindruck entsteht, die Landeskirchen hätten stets nur das Leid der Flüchtlinge im Blick, dass sie aber an der Verharmlosung von deren Straftaten mitwirken würden, indem bei jedem Vorfall – es muss nicht ein Mord wie in Aschaffenburg sein – stets reflexartig gesagt würde, man dürfe jetzt nicht pauschal verunglimpfen und in rechtsextreme Denkmuster verfallen.

Man hat ihn auch nicht gefragt, ob er nicht auch denke, dass im Sinne der «politischen Korrektheit» solche Straftaten bagatellisiert würden und ob nicht die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit ein ebenso schützenswertes Gut sei und wie sich die Kirche dafür einsetzen würde. Die Zustände rund um ebendiese Heiliggeistkirche und am Bahnhofseingang von Bern legen ein beredtes Zeugnis von dem ab, was ich meine.

Und selbstverständlich hat man ihn auch nicht gefragt, ob es rückblickend richtig war, während der «Pandemie» für Gottesdienste die Zertifikatspflicht einzuführen und warum die Kirchen damals nicht gegen Diskriminierung und Verunglimpfung von Ungeimpften die Stimme erhoben.

Die Antworten sind klar, sie werden aber dem Herrn Pfarrer nicht gefallen. Weil sich die Landeskirchen, vor allem auf städtischem Gebiet, immer mehr in der links-grünen Blase eingenistet haben, die sich dort breitgemacht hat. Doch, Herr Pfarrer, die Kirche ist links. Aber damit lässt sich der Mitgliederschwund nicht aufhalten.

Wie man es besser macht, zeigt zum Beispiel die orthodoxe Kirche Albaniens. Sie lag nach der Wende in Trümmern, aber der letztes Wochenende verstorbene Erzbischof Anastasios hat sie wieder zum Blühen gebracht. Das können Sie hier nachlesen.

Kaltërina Latifi wurde im Kosovo geboren. Sie arbeitet als promovierte Publizistin in der Schweiz, Deutschland und England. 2023 habilitierte sie an der Universität Göttingen. Ich mag ihre Kolumnen, weil sie einerseits hochgebildet ist, andererseits verständlich schreibt und frei und unabhängig denkt.

In ihrer neusten Kolumne für Tamedia äußert sie sich zur politischen Lage und ihrer wachsenden Enttäuschung über den aktuellen Zeitgeist. Sie findet Trost in der Show des amerikanischen Stand-up-Comedians Bill Maher, der als linker Denker offen sowohl die Republikaner als auch die Demokraten kritisiert.

Maher wirft den Demokraten vor, sich in einer selbstzufriedenen Blase zu befinden und ihre eigene Verantwortung für politische Niederlagen nicht zu erkennen. Besonders kritisiert er die arrogante Haltung, Trump-Wähler als «Vollidioten» zu bezeichnen, und mahnt zur kritischen Selbstprüfung.

Für Latifi spiegeln Mahers Worte die Notwendigkeit wider, politisch wieder auf Augenhöhe miteinander zu sprechen und die Verantwortung für den aktuellen Zustand zu übernehmen. Trotz der Herausforderungen bewahrt sie noch Hoffnung auf den gesunden Menschenverstand und die Fähigkeit der Gesellschaft, trotz politischer Unterschiede zusammenzuhalten.

Diese Einsicht möchte ich auch unseren Landeskirchen gönnen. Dann ließe sich der Mitgliederschwund vielleicht aufhalten.

Bleiben Sie uns, geneigte Leserin, geneigter Leser, gewogen!

Daniel Funk