In Deutschland richten sich die offiziellen Massnahmen nach dem sogenannten Inzidenzwert. Das Ziel der Bundesregierung ist es, diesen Wert auf unter 50 zu bringen. Das heisst, solange es mehr als 50 sogenannte «Neuinfektionen» auf 100’000 Einwohner gibt, bleibt der Lockdown bestehen.
Aber macht diese Zielsetzung überhaupt Sinn? Nein, meint Professor Matthias Schrappe, 2007 bis 2011 Vize-Chef des von der Bundesregierung berufenen Sachverständigenrates für Gesundheit. Er betont in der Bild-Zeitung, dass dieses Ziel unerreichbar sei und zu einem Unendlich-Lockdown führen werde.
«Ein Zielwert von 50 pro 100 000 Einwohner ist ein völlig irreales Ziel. Wir werden das in den Wintermonaten nicht erreichen», erklärte der Experte. Und ein nicht erreichbares Ziel auszugeben, sei keine gute Politik, denn die Bevölkerung werde in einen Dauer-Schockzustand versetzt.
Der Mediziner hält das vermittelte Bild einer «zweiten Corona-Welle» für falsch. Es sei keine Welle, die man brechen könne, es sei ein kontinuierliches Anwachsen. Deshalb sei auch ein Wellenbrecher-Lockdown wirkungslos. Der Lockdown bewirke nur ein vorübergehendes Abflachen. Aber sobald wieder gelockert werde, setze sich der Anstieg fort.
Dass jetzt wieder vor Corona-Massensterben wie im Frühjahr in Bergamo gewarnt werde, mache Schrappe fassungslos. Es sei falsch, die Bevölkerung in Schrecken zu versetzen.
Stattdessen fordert Professor Schrappe den Schutz von Risikogruppen. Die stark gefährdete Risikogruppe setze sich aus Menschen zusammen, die ein gewisses Alter hätten, bestimmte Erkrankungen aufwiesen und sich in Heimen, Betreuungseinrichtungen oder der ambulanten Pflege befänden. Das sei «eine gut handhabbare Anzahl von Menschen» findet der Professor.