Der erste Entwurf der 4. Führerscheinrichtlinie wurde im Mai 2023 vorgelegt und hat seitdem auf EU- und nationaler Ebene Kontroversen ausgelöst. Verschiedene zivilgesellschaftliche Akteure hatten sich gegen einige besonders umstrittene Punkte gewendet.
Der Verkehrsausschuss des EU-Parlaments hatte bereits vor der Abstimmung einige strittige Punkte aus dem Entwurf entfernt. Unter anderem wurden das vorgeschlagene Nachtfahrverbot für Fahranfänger, Tempolimits für verschiedene Fahrzeugklassen, ein spezieller SUV-Führerschein sowie das Ende des begleitenden Fahrens ab 17 nicht weiterverfolgt.
Besonders umstritten waren die vorgeschlagenen verpflichtenden Gesundheitsprüfungen für Führerscheininhaber. Am 28. Februar 2024 hat das Parlament diese abgelehnt, wodurch einzelne Mitgliedstaaten nun selbst über die Notwendigkeit solcher Checks entscheiden können. In Ländern wie Belgien, Portugal, Spanien und Italien sind bereits Gesundheitschecks üblich. In der Schweiz, wo der Führerschein grundsätzlich unbeschränkt gültig ist, sind solche ärztlichen Prüfungen ab dem 70. Altersjahr vorgeschrieben.
Die Diskussion um Gesundheitstests für Autofahrer war intensiv. Die Vorsitzende des Verkehrsausschusses, Karima Delli, betonte die Notwendigkeit, Verkehrsopfer zu reduzieren. Kritiker, darunter der deutsche Bundesverkehrsminister Volker Wissing, warnten dagegen vor bürokratischem Aufwand und zusätzlichen Belastungen für die Bürger.
Karima Delli hatte zusätzlich vorgeschlagen, dass Senioren sich erneuten Fahrprüfungen unterziehen müssten oder mindestens einer besonderen ärztlichen Untersuchung ab dem 60. Lebensjahr, ebenso wie Einschränkungen für schwere SUVs.
Details der EU-Führerschein-Novelle, wie sie vom EU-Parlament genehmigt wurde:
- Gültigkeitsdauer der Führerscheine: Einigkeit herrschte darüber, dass Führerscheine für Pkw und Motorräder mindestens 15 Jahre und für Lkw und Busse fünf Jahre gültig sein sollten. Eine Verkürzung der Gültigkeitsdauer für ältere Personen wurde abgelehnt, um Diskriminierung zu vermeiden.
- Führerschein-Prüfung: Schulung und Prüfung sollen besser auf reale Fahrumgebungen vorbereiten, inklusive angemessener Handhabung von Smartphones, Fahrten unter schwierigen Witterungsbedingungen und Sensibilisierung für den toten Winkel.
- Änderungen am Pkw-Führerschein (Klasse B): Klasse B-Inhaber dürfen künftig schwerere Fahrzeuge bis zu 4,25 Tonnen fahren, jedoch nur Fahrzeuge mit alternativen Kraftstoffen und nach zwei Jahren Besitz der Klasse B.
- Motorrad-Führerschein B-196: Inhaber des B-196-Scheins dürfen Leichtkrafträder bis zu 125 Kubikzentimetern Hubraum im Ausland fahren.
- Probezeit: Einführung einer EU-weiten zweijährigen Probezeit für Fahranfänger, härtere Strafen bei riskantem Fahrverhalten und einer Promillegrenze von 0,2.
- Digitaler Führerschein: Ein digitaler Führerschein auf dem Smartphone soll dem physischen Führerschein gleichgestellt sein, mit einem QR-Code für mehr Fälschungssicherheit.
- Lkw-Führerschein: Unter bestimmten Bedingungen dürfen 18-Jährige Lkws oder Busse fahren, um den Einstieg junger Fahrer in die Berufskarriere zu erleichtern.
Kommentar Transition News:
Zivilgesellschaftliche Gruppen wie CitizenGo gehen wohl nicht fehl in der Annahme, dass es der vorbereitenden Arbeitsgruppe um die französische Grüne Karima Delli nicht zuletzt darum ging, die Hürden für den Führerschein zu erhöhen.
Anders ist nicht zu erklären, dass zuerst vorgeschlagen wurde, dass Menschen ab einem gewissen Alter die Fahrprüfung wiederholen müssen.
Man ging wohl hier nach dem Juncker-Prinzip vor: «Wir beschliessen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein grosses Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt» (der ehemalige Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, zitiert im Spiegel, Dezember 1999). Hier ging der Schuss wohl hinten hinaus.
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