Die Europäische Kommission erwägt Vorschläge, die Liste der schwersten EU-weiten Straftaten, die eine standardisierte, polizeiliche und juristische Reaktion erfordern, um «Hassrede» zu erweitern. Darüber berichtet das britische Monatsmagazin The Critic.
Zu den Vorschlägen gehören eine Reihe von Maßnahmen, die das sogenannte Europäische Bürgerforum «Hass in der Gesellschaft» ausgearbeitet hat. Das Forum setzt sich dafür ein, dass in der gesamten EU stärkere Kontrollen durchgeführt werden, um die Verbreitung aller Formen von «Hassrede» zu verhindern.
Die für Werte und Transparenz zuständige Vizepräsidentin der EU-Kommission, Věra Jourová, hat den Bericht des Forums bereits begrüßt und festgestellt, dass es «die Risiken von Hassreden erkannt und klare und ehrgeizige Empfehlungen zur Bekämpfung von Hassreden ausgesprochen hat». Ihre Kollegin Dubravka Šuica, Vizepräsidentin für Demokratie und Demografie, pflichtete ihr bei: Sie freue sich darauf, die Empfehlungen Präsidentin von der Leyen und im Kollegium der Kommissionsmitglieder vorzustellen.
Das Hassrede-Forum gehört zu einer Reihe von European Citizens’ Panels (ECPs), die als «Eine neue Phase der Bürgerbeteiligung» beworben werden. Sie seien zur Unterstützung des Versprechens von Ursula von der Leyen einberufen worden, eine europäische Demokratie «fit für die Zukunft» aufzubauen, schreibt The Critic.
Der Prozess der Empfehlungserarbeitung scheine einen Hauch von «gelenkter Demokratie» zu haben, urteilt das Magazin. Das gelte trotz des erklärten Ziels der ECPs, «den Bürgern eine Stimme bei der Gestaltung der EU-Politik zu geben». Denn «Unterstützung» biete den Foren ein von der Kommission genehmigtes «Moderationsteam» und ein «Expertenausschuss», der «zusätzlichen Input» liefert.
Im Abschlussbericht des Forums wird der Begriff «Hassrede» als jede Rede definiert, die «mit den Werten der Menschenwürde, der Freiheit, der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte» unvereinbar ist.
Der Verweis dieser Definition auf vage Begriffe wie «Werte» und «Menschenwürde» deute jedoch darauf hin, dass «Hassrede» eine rechtlich falsche Bezeichnung sei, erklärt The Critic. Es handele sich dabei schließlich um Ausdrucksformen, die von einigen Personen tatsächlich als beleidigend oder anstößig empfunden werden können, die aber dennoch rechtlichen Schutz genießen und rechtfertigen.
Einer der alarmierendsten Vorschläge des Forums sei in diesem Zusammenhang, dass die Europäische Kommission die gemeinsame Definition von «illegaler Hassrede» aktualisieren und erweitern sollte, um bestimmte unerwünschte Formen der Rede besser zu kriminalisieren. In dem Dokument heißt es:
«Eine neue, umfassende Definition ist von entscheidender Bedeutung, um die Verbreitung illegaler Hassreden zu einer Straftat zu machen, die in allen EU-Mitgliedstaaten strafrechtlich verfolgt werden kann».
Es scheine wahrscheinlich, dass die von der Kommission genehmigten «Moderatoren» und der «Expertenausschuss» des Forums eine große Rolle bei der Ausarbeitung dieser Empfehlung gespielt hätten, so das Magazin. Der Eindruck entstehe nicht zuletzt, weil sie genau dieselbe Terminologie verwende wie ein Kommissions-Vorschlag, der vor kurzem vom Europäischen Parlament gebilligt wurde, um die Liste der EU-weiten Straftaten um «Hassrede» zu erweitern.
Bei sogenannten «Euro-Verbrechen» dieser Art sind das Europäische Parlament und die Europäische Kommission befugt, Mindestvorschriften für die Definition von Straftatbeständen und Sanktionen festzulegen, erklärt The Critic. Die Mitgliedstaaten müssen diese dann in ihr eigenes Rechtssystem integrieren.
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