Aus einem geheimen Dokument, das die ukrainische Regierung ihren westlichen Verbündeten übermittelt hat, geht hervor: Die von Russland bei den jüngsten Angriffen auf ukrainische Städte eingesetzten iranischen Kamikaze-Drohnen enthalten zahlreiche europäische Komponenten. Dies berichtet der Guardian.
Der 47-seitige Bericht, der den G7-Regierungen im August vorgelegt wurde, enthält Einzelheiten zu über 600 Angriffen auf Städte in den letzten drei Monaten, bei denen unbemannte Luftfahrzeuge (UAVs) mit westlicher Technologie eingesetzt wurden.
Es werden 52 elektrische Komponenten westlicher Unternehmen in der Drohne Shahed-131 und 57 im Modell Shahed-136 aufgeführt. Letztere hat eine Flugreichweite von 2000 km und eine Reisegeschwindigkeit von 180 km/h.
Laut dem Bericht befinden sich unter den Herstellern Unternehmen mit Hauptsitz in den Ländern der Sanktionskoalition: die USA, Deutschland, die Schweiz, Kanada, Japan, Polen und die Niederlande.
Fünf europäische Unternehmen werden als Originalhersteller dieser Komponenten genannt, darunter die deutschen Firma Ti Automotive GmbH, deren Muttergesellschaft der britische multinationale Konzern TI Fluid Systems ist. Das deutsche Unternehmen stellt in Polen eine Kraftstoffpumpe her, die in einer Shahed-136 entdeckt wurde.
Ebenfalls in einem Shahed-136 wurde ein integrierter Schaltkreis mit einem Puffernetz-Treiber und einem Transistor von International Rectifier entdeckt, einer Tochtergesellschaft der deutschen Infineon Technologies AG.
Ausserdem stammt laut dem Bericht ein Mikrocontroller mit eingebautem Flash-Speicher und ein Niederspannungsregler mit Inhibitor von der Schweizer Firma STMicroelectronics. Ein zweites involviertes Schweizer Unternehmen ist U-blox, die ein GPS-Tracker-Chip beisteuerte. Ein Sprecher der Firma erklärte:
«U-blox verurteilt die Invasion der Ukraine durch Russland aufs Schärfste. Unmittelbar nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 hat U-blox alle Verkäufe an Russland, Weissrussland und die von der russischen Armee besetzten Gebiete in der Ukraine gestoppt, ungeachtet des Verwendungszwecks. Vor kurzem hat U-blox auch beschlossen, nicht an Mitglieder der Eurasischen Wirtschaftsunion [einer Freihandelszone mit Russland] zu verkaufen. Seit 2002 hat U-blox eine strenge Firmenpolitik, wonach seine Produkte nicht in Waffen oder Waffensystemen – einschliesslich Systemen zur Zielidentifizierung – verwendet werden dürfen.»
Andere Unternehmen zogen sich auf ähnliche Weise aus der Verantwortung. In dem Bericht wird allerdings betont, dass die westlichen Firmen, deren Komponenten in den Drohnen gefunden wurden, kein Fehlverhalten begangen haben. Die iranische Drohnenproduktion beruhe auf leicht erhältliche kommerzielle Komponenten mit schlecht kontrollierten Lieferketten. Eine britische Regierungssprecherin teilte mit:
«Wir haben die umfangreichsten und schärfsten Wirtschaftssanktionen eingeführt, die jemals gegen eine grosse Volkswirtschaft verhängt wurden, und über 96 Prozent der mit Russland gehandelten Waren im Jahr 2021 ganz oder teilweise mit Sanktionen belegt. Wir sind uns darüber im Klaren, dass jedes britische Unternehmen oder seine Tochtergesellschaften, die direkt oder indirekt sanktionierte Waren nach Russland verkaufen oder exportieren, gegen die Sanktionsgesetze verstossen und mit hohen Geld- oder Haftstrafen rechnen müssen. Wir arbeiten eng mit unseren Partnern zusammen, um die Massnahmen zu koordinieren und unsere Sanktionen ständig zu überprüfen – auch im Hinblick auf eine mögliche Umgehung.»
In dem Dokument wird auch die Möglichkeit von Raketenangriffen auf Produktionsstätten für diese Drohnen im Iran, in Syrien und möglicherweise in Russland vorgeschlagen. Die dazu erforderlichen Waffen sollen von den westlichen Verbündeten der Ukraine bereitgestellt werden.