Das Fachmagazin The BMJ hat eine interne E-Mail erhalten, die bestätigt, wie eng Pharmaindustrie und Behörden verworben sind. Demnach teilte die US-Medikamentenzulassungsbehörde FDA dem ausscheidenden Mitarbeiter Doran Fink, der während seiner Tätigkeit bei der FDA die Covid-19-«Impfstoffe» geprüft, dann aber eine Stelle bei Moderna angenommen hatte, Folgendes mit: Das US-Gesetz verbiete zwar einige Formen von Lobbykontakten zwischen ehemaligen FDA-Mitarbeitern, die in die Privatwirtschaft wechseln, untersage es aber «dem ehemaligen Mitarbeiter nicht, andere Aktivitäten auszuüben, einschließlich der Arbeit ‹hinter den Kulissen›».
Der bekannte Pharmakritiker Peter Doshi hat den am 1. Juli vom BMJ veröffentlichten Bericht verfasst. Er sagte dem Defender, er sei überrascht gewesen, «wie proaktiv die FDA ausscheidende Mitarbeiter darüber informiert, dass sie nach der FDA hinter den Kulissen arbeiten können».
Doshi ist leitender Redakteur beim BMJ und außerordentlicher Professor für pharmazeutische Gesundheitsdienstforschung an der University of Maryland School of Pharmacy. Ihm zufolge hätten die Mitarbeiter des Ethikprogramms der FDA die Informationen per E-Mail an Fink geschickt, als er gerade dabei war, sein Ausscheiden aus der FDA zu fixieren.
«Ich war sogar noch mehr überrascht», so Doshi, «als ich erfuhr, dass der Ausdruck ‹Unterstützung hinter den Kulissen› tatsächlich in den US-Vorschriften vorkommt».
Das US-Recht verbietet direkte Lobbying-Kontakte zwischen ehemaligen Behördenmitarbeitern und Bundesbehörden, erlaubt aber indirekte Kontakte. «Ich habe noch kein Argument dafür gehört, wie dies dem öffentlichen Interesse dienen soll», kritisiert Doshi.
Die Tatsache, dass die legale Möglichkeit, «hinter den Kulissen» zu arbeiten, in den Bundesvorschriften verankert sei, weise auf ein «kritisches, kritisches Schlupfloch» in der US-amerikanischen «Drehtürpolitik» hin. Das sagt Craig Holman, ein Lobbyist für Regierungsangelegenheiten bei der gemeinnützigen Verbraucherschutzorganisation Public Citizen, der für den Bericht des BMJ interviewt wurde. Holman weiter:
«Die Leute verlassen also den Staatsdienst und können sofort anfangen, mit ihrem Einfluss hausieren zu gehen und Lobbyarbeit zu betreiben. Sie können sogar eine Lobbying-Kampagne führen, solange sie nicht tatsächlich zum Telefon greifen und mit ihren ehemaligen Beamten in Kontakt treten – und genau das ist der Rat, der hier gegeben wird.»
Holman erklärte gegenüber The Defender, dass die gesetzlich sanktionierte Drehtür zwischen den US-Regulierungsbehörden und den von ihnen regulierten Branchen «das schädlichste System der Einflussnahme ist, das wohlhabenden Sonderinteressen zur Verfügung steht». Und weiter:
«Die Aussicht auf eine lukrative Beschäftigung in der Privatwirtschaft nach dem öffentlichen Dienst kann das offizielle Handeln der Regulierungsbehörden beeinflussen. Und die Insiderverbindungen innerhalb der Regulierungsbehörde durch den Dreher [die Person, die den Bundesdienst verlässt, um für die Industrie zu arbeiten] verschafft der Wirtschaft einen starken Vorteil bei der Beeinflussung anstehender Regulierungsmaßnahmen.»
In seinem Bericht enthüllte das BMJ, dass die Ratschläge der FDA an ausscheidende Mitarbeiter zur Arbeit «hinter den Kulissen» nicht auf eine einzige E-Mail beschränkt waren, sondern wiederholt in E-Mails an Fink und an eine gewisse Jaya Goswami auftauchten.
Goswami nahm im Juni 2022 die Stelle der Leiterin der klinischen Entwicklung für Infektionskrankheiten bei Moderna an, nachdem sie von März 2020 bis Juni 2022 als Medical Officer im Center for Biologics Evaluation and Research der FDA tätig gewesen war. Dort war sie für die Bewertung verantwortlich, ob die klinischen Daten für die Covid-19-Injektion von Moderna den Zulassungsstandards entsprechen. Doshi:
«Die [«Hinter-den-Kulissen-»]Unterweisung der FDA scheint zu den Standardempfehlungen zu gehören, die das FDA-Personal, das für die Einhaltung ethischer Grundsätze zuständig zeichnen, an ihre Mitarbeiter sendet. Sie ist auch auf der Website der FDA zu finden, und zwar auf einer Seite, auf der es um Beschränkungen nach dem Weggang von der FDA geht.»
Diana Zuckerman, Präsidentin des gemeinnützigen National Center for Health Research und Analystin für Regulierungspolitik mit jahrzehntelanger Erfahrung, sagte dem BMJ, sie sei von den Ratschlägen der FDA zur Arbeit hinter den Kulissen überrascht gewesen. Zuckerman:
«Ich hatte die Vorstellung, dass es tatsächlich sinnvolle Beschränkungen dafür gibt, was man mindestens ein Jahr lang tun kann, nachdem man bei einer Bundesbehörde gearbeitet hat.»
Zuckerman äußerte sich besorgt darüber, wie proaktiv die FDA bei der Bereitstellung von Informationen über die «Arbeit hinter den Kulissen» für Mitarbeiter ist, wenn diese den Bundesdienst verlassen. «Ich denke einfach, dass dies der Schlüssel zur Drehtür ist.» Zuckerman weiter:
«Es ist eine Sache zu wissen, dass es passiert, und es ist eine andere Sache zu wissen, dass die Ethikbeauftragten der FDA sagen: ‹Mach dir keine Sorgen, du kannst das machen›.»
Dem Defender sagte sie, dass die Praxis der FDA, Mitarbeitern proaktiv mitzuteilen, sie könnten hinter den Kulissen arbeiten, «die Integrität der FDA untergräbt und unfair gegenüber den Patienten ist».
Ganz anders die FDA, die dem BMJ mitteilte, sie sei nicht besorgt darüber, dass die proaktive Information der Mitarbeiter über ihre Möglichkeit, «hinter den Kulissen» zu arbeiten, so interpretiert werden könnte, dass ehemalige FDA-Mitarbeiter indirekt zur Lobbyarbeit für die Behörde ermutigt werden.
Derweil drängen einige darauf, die Gesetzeslücke zu schließen, die es Personen, die Bundesbehörden wie die FDA verlassen, erlaubt, die Behörde zu beeinflussen, nachdem sie eine Stelle in der Industrie angenommen haben.
So brachten Bundesgesetzgeber am 1. Mai einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Gesetzes ein, das die Beschränkungen für ausscheidende Mitarbeiter regelt. «Es scheint, dass es an der Zeit ist, dieses Schlupfloch zu schließen», so Doshi. Auch hatte die Senatorin Elizabeth Warren im Juni 2023 ein Gesetz vorgeschlagen, das die Lobbyarbeit hinter den Kulissen einschränken soll. Bislang wurde keiner der Gesetzesentwürfe verabschiedet.