Der Dokumentarfilm «Russians at War» der russisch-kanadischen Regisseurin Anastasia Trofimova zeigt russische Soldaten im Ukrainekrieg aus einer menschlichen Perspektive. Trofimova verurteilt den Krieg und betrachtet ihren Film als eine Momentaufnahme, ohne ihn als Propagandafilm zu verstehen. Obwohl der Film bereits in Venedig ohne Probleme gezeigt wurde, wurde die Aufführung in Toronto wegen Drohungen abgesagt, was nun auch in Zürich geschah (zum Beispiel hier und hier, wie am Donnerstag bekannt wurde).
Die Leitung des Zurich Film Festival (ZFF) – nota bene ohne Umlaut und in englischer Schreibweise – hat damit, angeführt von Festivaldirektor Christian Jungen, dem Druck von Kritikern und Drohungen nachgegeben. Eine Rolle gespielt haben dürften auch die scharfen Worte eines ukrainischen Regierungssprechers, der den Film als Propaganda und Verharmlosung russischer Kriegsverbrechen bezeichnete.
Das geschieht in einem Land, wo die Politik bisher der Versuchung widerstanden hat, die Pressefreiheit einzuschränken, wie das zum Beispiel die EU mit dem Verbot russischer Sender getan hat. Dennoch hat das ZFF die Vorführung sowie eine geplante Podiumsdiskussion mit der Regisseurin und dem ukrainischen Botschafter in der Schweiz abgesagt. Die großen Medien meldeten das Vorkommnis kurz, ohne es aber besonders zu kommentieren.
Kommentar Transition News:
Der Entscheid des ZFF ist ein Einknicken vor Antidemokraten und Feinden der Meinungsfreiheit. Festivalchef Jungen entlarvt sich durch diese Entscheidung als Opportunist. Damit wird eine freie Meinungsbildung unterdrückt, denn die Öffentlichkeit hat nicht die Möglichkeit, den Film zu sehen und selbst zu beurteilen. Die Schweiz, ein Land, das für seine Meinungsfreiheit bekannt ist, beugt sich damit der Zensur.
Es ist bezeichnend, dass das ZFF trotz Kontroversen an der Einladung des polnisch-französischen Regisseurs Roman Polanski festhaltet, einem überführten, aber nie verurteilten Vergewaltiger, jedoch bei einem Dokumentarfilm wie «Russians at War» nach Drohungen einknickt. Diese Entscheidung ist eine Kapitulation vor Gewaltandrohungen. Es bedürfte in dieser Situation nicht nur des Gratismuts, der die beflissenen Zürcher Festivalveranstalter, Politiker und Medien, die den Entscheid stützen, auszeichnet, sondern des echten Mutes.
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