Die Gesellschaft der Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie (MWGFD) hat die Bundesregierung in einem eindringlichen Schreiben aufgefordert, sich in jedem Fall und unbedingt für Frieden einzusetzen, unabhängig von Schuldfragen und Schuldzuweisungen.
«Wir finden es in dieser brandgefährlichen Situation wichtig, dass wir alle Kräfte bündeln, damit Frieden bleibt, wo er herrscht und wieder einkehrt, wo er verlorengegangen ist», betont MWGFD und bittet um Hilfe bei der Verbreitung des Aufrufs.
Frieden ist die Mutter aller Dinge
«Der Krieg ist der Vater aller Dinge (polemos pater panton).» Dieses Fragment des vorsokratischen Philosophen Heraklit kennt man gut. 1914 und ab 1933 wurde es oft verwendet, um den heraufziehenden Krieg philosophisch zu rechtfertigen.
Was allerdings kaum jemand weiß, ist die Tatsache, dass dieses Fragment nur die Hälfte eines Satzes darstellt. Sprachwissenschaftler, die sich mit den vorsokratischen Philosophen befassen vermuten, dass die zweite Hälfte heißt: «Der Frieden ist die Mutter aller Dinge (eirene mater panton).»
Auf unsere Zeit übertragen könnte man auslegen: Wer seine aggressiven Impulse nicht in ein Bemühen um Frieden einbetten kann, wird nur Chaos ernten. So wie die früheren Weltkriege nur in Chaos gemündet haben. Jedes Mal war man im vorauseilenden Siegestaumel, unterschätzte den Gegner massiv und stürzte nicht nur das eigene Land, sondern ganze Landstriche und andere Länder ins Verderben.
Nun gilt das zweifelsohne für jede Seite in einem Krieg, für Putin genauso wie für die NATO, die Ukraine oder die Bundeswehr, und mittlerweile Israel und den Iran. Man kann sich in endlose Debatten darüber verstricken, wer die Schuld trägt und wird, je nachdem wem man zuhört oder Glauben schenkt, diametral entgegengesetzte Auskunft erhalten. Genau diese Frage ist für das Endergebnis eines Krieges völlig irrelevant. Denn am Ende gibt es nie Gewinner, nur Verlierer, auch dann, wenn irgendwer als militärischer Sieger aus einem Konflikt hervorgeht. «Wer das Schwert zieht, wird durch das Schwert umkommen.»
Daher kann die einzige vernünftige, die einzige mit der so hoch gehaltenen Demokratie kompatible Lösung eigentlich immer nur sein: deeskalieren und die Kriegsgefahr reduzieren. All das Gedröhne über eine vermeintliche Bedrohung durch Russland ist nichts anderes als bewusste, perfide und brandgefährliche Kriegstreiberei.
Die Eskalation, in die der Drohnenangriff der Ukraine geführt hat, hat uns alle an den Rand des Dritten Weltkrieges geführt. Und man sollte sich darüber im Klaren sein: Ohne massive logistische Unterstützung westlicher Geheimdienste wäre ein solcher Angriff nie möglich gewesen. Weder zur Zeit der Kubakrise, noch zu Zeiten des NATO-Doppelbeschlusses, als es wenigstens noch eine Friedensbewegung gab, war die Gefahr einer weltweiten Eskalation so groß.
In dieser Situation darf es nicht sein, dass von deutschen Politikern die Kriegstrommeln gerührt werden. Wir Deutschen mit unserer zwanghaften Gutmenschenmentalität erreichen damit mit dialektischer Präzision genau das Gegenteil dessen, was wir erreichen wollen. Wir werden keine Friedenssicherung bekommen, sondern Kriegsgefahr. Wir werden keine Freiheit bekommen, sondern Knechtschaft und Kontrolle. Denn nur über größere Kontrolle – der Meinungsäußerungen, der politisch parlamentarischen und außerparlamentarischen Opposition – können Kriegspläne verwirklicht werden.
Es ist ein Skandal allerersten Ranges, dass unsere öffentlich-rechtlichen Sender, unsere Leitmedien fast einmütig ins gleiche Horn blasen. Und nicht bemerken, dass die ganze Charade nur einem Ziel dient: die geopolitischen Ziele der Vereinigten Staaten nach Vorherrschaft in Eurasien durchzusetzen, wie sie der mehrfache Präsidentenberater Zbigniew Brzezinski in seinem Buch «The Grand Chessboard» ganz offen und klar beschrieben hat. Alle anderen Argumente, die in fast allen öffentlichen Kanälen bis zum Überdruss wiederholt werden, sind nur Feigenblätter für dieses Ziel.
Es ist Zeit, dass dieses Land aufwacht. Es ist Zeit, dass Politiker, die zum Krieg blasen, zurücktreten oder abgewählt werden. Es ist Zeit, dass sich die Intelligenz dieses Landes sich ihrer Pflicht besinnt und sich nicht feige in den Windschatten der Mehrheitsmeinung duckt. Es ist Zeit, dass die Bevölkerung von der Regierung das einfordert, was ihm als Souverän gebührt: dass diese alles dafür tut, dass ein gedeihliches Miteinander der Staaten möglich ist. Und das bedeutet bei der derzeitigen Lage, sich für Frieden, für Friedensverhandlungen und für Ausgleich einzusetzen. Schulddiskurse helfen nicht weiter.
Der Frieden ist die Mutter aller Dinge. Nur wer den Krieg in diese Arme einfassen kann, hat eine Chance auf Fortschritt und Entfaltung.
Wir fordern alle Verantwortlichen und Akteure in Politik, in den Medien, in der Kultur dazu auf, sich dieser Aufgabe zu besinnen und alles dafür zu tun, dass in Europa Frieden bleibt, wo Frieden herrscht, und dass er einkehrt, wo er fehlt. Wir fordern alle auf, dies mit friedlichen Mitteln zu tun. In einem christlichen Land und für eine Partei, die das Attribut im Namen führt, sollte die Maxime gelten: den Übeltäter nicht bekämpfen, sondern die andere Wange hinhalten. Will heißen: sich in seiner Friedensabsicht zu erkennen geben und auf Dialog setzen.
Wir fordern Menschen guten Willens auf, diese Stellungnahme zu verbreiten, zu teilen und in ihrem Sinne auf ihre sie vertretenden Abgeordneten einzuwirken.