Es muss wohl Schicksal sein: Die 17-jährige Darja Varfolomeev gewinnt eine Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Paris und ist damit die erste deutsche Olympiasiegerin in der Rhythmischen Sportgymnastik. Deutsche Medien berichten ausführlich darüber, «müssen» sich dabei aber unglaublich verbiegen.
Um möglichen Missverständnissen vorzubeugen: Der Erfolg sei der Sportlerin absolut gegönnt. Es geht in diesem Beitrag nicht um ihre Person oder darum, irgendetwas madig zu machen. Vielmehr geht es um die Medien, gesellschaftliche Befindlichkeiten und um Opportunismus.
Die Agentur Associated Press spricht die Dinge relativ klar und trocken aus. Sie titelt: «Die gebürtige Russin Darja Varfolomeev gewinnt das erste deutsche Olympiagold in der Rhythmischen Sportgymnastik». Wir lesen in dem Artikel auch, dass die Russinnen seit langem eine feste Größe in dieser Sportart sind. Außerdem berichtet die Agentur, dass Russland seit 1996 bei allen Spielen mindestens eine Medaillengewinnerin im Mehrkampf hervorgebracht hatte, aber wegen des Krieges in der Ukraine in Paris nicht antreten durfte.
Das ist jedoch vermintes Gebiet: Russland ist gleich Putin und Russen sind offiziell gerade nicht so «in». Die deutschen Medien tun daher alles, um das Wort «Russland» oder «russisch» nicht zu benutzen – diese Begriffe tauchen schlicht nicht auf. Wenn die Autoren sie doch verwenden, dann um den «russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine» mit unterzubringen. Ansonsten kommt Varfolomeev eben aus Sibirien – somit fällt das manchen vielleicht nicht so auf – oder direkt aus Schmiden (Baden-Württemberg).
Damit ist die gefährlichste Klippe umschifft und ansonsten darf man den Sieg unbeschwert genießen. Man feiert die «Königin des Mehrkampfs» und den «historischen Moment», etwas «für die Geschichtsbücher». Die ARD-Sportschau berichtet auch, dass die 17-Jährige begeistert mitgesungen habe, als für sie bei der Siegerehrung die deutsche Nationalhymne gespielt wurde. Noch einmal: Varfolomeev sei das alles gegönnt.
Mit den deutschen Nationalsymbolen ist es dabei jedoch so eine Sache. Noch vor einem Monat bei der Fußball-Europameisterschaft war manches eher gewohnt unentspannt. Der Gebrauch der Nationalhymne musste scheinbar nochmal erklärt werden. Für die Nationalmannschaft wurde schon früher über eine Sangespflicht nachgedacht.
Der Text der Hymne stand allerdings schon öfter zur Debatte, er sei zu archaisch und zu wenig divers. Und für das Benutzen von Deutschlandfahnen gab es bei der EM extra konkrete Regeln, unter Androhung von Bußgeldern bei Fehlverhalten. Na ja, eben alles nach Bedarf.