Jenseits der Vorstellungen
von Richtig und Falsch
liegt ein Ort.
Dort werde ich dich treffen.
Rumi
Liebe Freundinnen und Freunde
Wir haben doch eigentlich in grauer Vorzeit gelernt, wie man mit Bedrohungen umgeht. Wenn eine Hyäne uns das Essen streitig gemacht hat, sind wir richtig wütend geworden und haben sie mit Faustkeil und Speer vertrieben, im besten Fall kalt gemacht. Damit sie nie mehr wiederkommt. Das gleiche mit rivalisierenden Menschengruppen. Der Hass hat geholfen. Das hat doch Jahrtausende gut funktioniert?
Warum sind wir von dieser coolen Strategie irgendwann abgewichen? Vor allem hat sich ja erfreulicherweise die Waffentechnik weiterentwickelt. Heute könnten wir eine Hyäne mit dem Maschinengewehr niedermähen und die rivalisierende Menschengruppe – je nach Größe – mit ein paar Atombomben ausradieren.
Aber nein, da gab es in der Geschichte einige selbsternannte Heilige, die von Gewaltlosigkeit und Liebe gefaselt haben. Nicht wenige dieser Durchgeknallten sind heute noch bekannt, ja zum Teil sind aus deren Ideen ganze Philosophien oder Religionen mit Millionen Anhängern entstanden – obwohl die meisten zum Glück rechtzeitig ermordet wurden.
Diese idealistischen Spinnereien sind natürlich alle überflüssig und störend, weil es die Bedrohung durch Hyänen und bösen Menschengruppen ja immer noch gibt! Also die Hyänen im übertragenen Sinne natürlich. Man muss ja nur die Medien verfolgen, um die wichtigsten Hassobjekte zu kennen.
Je nach Zeitepoche und Region waren dies Kommunismus, Kapitalismus, streikende Tintenstrahldrucker, Ungläubigkeit, Klimaerwärmung, Unkraut, drohende Eiszeit, Überbevölkerung, Aids, Ozonloch, Schwiegermütter, Russen, Deutsche, US-Amerikaner, Chinesen, Barbaren, Hottentotten, Impfverweigerer, Brillenträger, Moslems, Christen, Juden, Farbige, etc.
Achtung, da darf man sich natürlich nie vertun! Japaner oder Franzosen hassen ist heute in Mitteleuropa out. Russen hassen ist in. Brillenträger oder Homosexuelle hassen ist out, AfD oder sogenannte «Rechte» hassen ist in. Kriegstreiber, Kampfjets oder Panzer hassen ist out, Diesel-Fahrzeuge hassen ist in.
Und ich bin froh, dass wir diese blöden Heiligen und ihre bekloppten Ideen wie Aufklärung, Güte, Mitgefühl, Frieden und Liebe immer mehr links liegen lassen und endlich wieder zu unserem Hass stehen! «Wir müssen kriegstüchtig werden», sagt der deutsche Kriegs- pardon: Verteidigungsminister Pistorius. Bravo, das ist das, was wir momentan am nötigsten brauchen! Vor allem, weil die Welt seit Jahrhunderten unter Deutschlands notorischem Pazifismus leidet!
Da macht ein (fremder!) Präsident böse Sachen: Zack, mit aller Härte Krieg führen, am besten mit Atombomben. Da gibt es eine Partei, die uns kritisiert: Zack, verbieten! («Uns» sind in dem Fall unsere amtierenden, hochwohlgeborenen und unfehlbaren Politiker.) Da hinterfragt jemand die unumstößlichen Tatsachen, dass Lockdowns und Masken der Gesundheit dienen oder Elektroautos die Menschheit retten: Zack: Leugner- und Schwurblerstempel drauf!
Und das Schöne ist: Wenn wir auf diesem Kurs bleiben, wird dieses ganze hässliche Unkraut endgültig vernichtet. Alles, was uns stört, ist verschwunden, und zurück bleibt heilige Ordnung und ein harmonisches Paradies mit viel Vogelgesang, Kinderlachen und Himbeertorte. Wie zum Beispiel nach dem ersten oder zweiten Weltkrieg, dem Aufbohren von Schädeln gegen Kopfschmerzen, der Urwaldvernichtung mit Agent Orange, den Irakkriegen, der Kommunistenhatz, der Judenverfolgung und der Ermordung gewisser Spinner wie Martin Luther King oder Gandhi.
Und wenn hier in Europa erstmal ein paar Atombomben heruntergekommen sind, dann ist endgültig Schluss mit Kopfschmerzen, Falschparkern, Schwurblern, Sozialschmarotzern und AfD-Wählern!
Moralische Überlegenheit, unnachgiebige Härte und Massenmord machen doch schliesslich das Menschsein aus!
Oder?
Herzlich
Ihr Lars Ebert
[email protected]
Auf Yunite: Lars Ebert
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