In Großbritannien gibt es derzeit schwere ausländerfeindliche Ausschreitungen. Der IT-Milliardär Elon Musk geht sogar davon aus, dass ein Bürgerkrieg auf der Insel «unvermeidlich» ist.
Auslöser der sich ausweitenden Unruhen ist Medienberichten zufolge ein Messerangriff in Southport, England, bei dem drei Kinder getötet und mehrere weitere verletzt wurden. Der Angriff wurde demnach von Axel Rudakubana verübt, einem 17-Jährigen, der als Sohn ruandischer Eltern in Großbritannien geboren worden ist.
Danach kursierten im Internet Falschmeldungen, wonach es sich bei dem Täter um einen syrischen Migranten handele, der mit einem Boot nach Großbritannien gekommen sein soll. In immer mehr Städten Großbritanniens kommt es zu gewalttätigen Protesten, wie Medien berichten.
Richard Murphy, Aktivist für wirtschaftliche Gerechtigkeit und Professor für Rechnungswesen an der Sheffield University Management School, äußert sich dazu in einem Beitrag auf Brave New Europe. Er stellt fest, dass die rassistische Gewalt die politische Leere fülle, die durch die Ablehnung der politischen Elite Großbritanniens bei den letzten Parlamentswahlen entstanden sei.
In Großbritannien werde viel über die Ursachen der sogenannten «rechtsextremen» Ausschreitungen diskutiert, so Murphy. Er bedauert, dass niemand in den Mainstream-Medien die Ausschreitungen als «neofaschistisch» bezeichne, «obwohl sie genau das sind».
Während bei allen möglichen Anlässen die Rede von «Antisemitismus» sei, werde jetzt nicht der Begriff «Islamophobie» verwendet. «Wenn es sich um offene Islamophobie handelt, wissen die Medien offenbar nicht, wie sie den Begriff verwenden sollen», schreibt er.
«Auch wird diese Gewalt nicht als rassistisch bezeichnet, denn es ist offensichtlich, dass genau das die Motivation der Randalierer ist.»
Fahnenschwenkende Politiker der Labour-Partei, die seit den jüngsten Wahlen die britische Regierung und mit Keir Starmer den Premier stellt, würden die Tatsache nicht erwähnen, dass der vorgetäuschte Nationalismus derjenigen, die diesen für ihre Ziele benutzen, bei all dem eine Rolle spiele. Es werde ebenso nicht die Tatsache diskutiert, dass die Unruhen «von einigen wenigen» angeheizt würden, «von denen einige die Kunst der Fehlinformation sehr gut zu beherrschen scheinen».
Murphy betont, die gewalttätigen Unruhen offenbarten «ein breiteres Gefühl der Entfremdung innerhalb unserer Gemeinschaften, aus dem sich extremistische Stimmungen speisen».
«Es ist eine Tatsache, dass Stoke, Sunderland, Hartlepool, Liverpool und andere Orte während der neoliberalen Ära, die sich daran machte, das zu zerstören, was so viele dieser Orte einst ausmachte, sehr schlecht abgeschnitten haben. Kein Politiker, der in den letzten 45 Jahren an der Macht war, hat sich mit der Tatsache auseinandergesetzt, dass Thatcher das britische verarbeitende Gewerbe absichtlich zerstörte, um ihre politische Agenda zu verfolgen, die darauf abzielte, die Macht der arbeitenden Menschen zu untergraben, und niemand hat seither versucht, es durch etwas anderes zu ersetzen.»
Niemand in der britischen Politik habe seitdem versucht, die daraus resultierenden Ungleichheiten zu beseitigen, stellt der Autor fest. Er erwartet auch von der Labour-Regierung keine Verbesserungen:
«Sie wird die Kinderarmut beibehalten oder sogar noch verstärken. Sie wird die Rentner bestrafen, damit ihre Bücher ausgeglichen werden können. Sie hat Programme aufgegeben, die Zehntausende von qualifizierten Arbeitsplätzen in den Gemeinden des Vereinigten Königreichs schaffen könnten, die grüne Energie liefern. Und sie hat deutlich gemacht, dass sie die Reichen nicht besteuern will.»
Das Gefühl der Entfremdung «bei denjenigen, die wissen, dass eine andere Regierung nicht die Absicht hat, ihnen zu helfen», sei real, so Murphy. Es gebe keine Rechtfertigung für neofaschistische, rassistische und gewalttätige Handlungen, schreibt er.
Die Antwort darauf könne aber «nicht in Gefängnisstrafen bestehen, die weit unter denen liegen, die für das Verursachen eines Verkehrsstaus verhängt werden». Sie liege stattdessen «in der Veränderung unserer Gesellschaft, um sicherzustellen, dass die Menschen nicht ausgegrenzt werden».
Doch die Labour-Partei scheine «keine Ahnung zu haben, wie das gehen soll, und hat auch nicht die Absicht, zuzuhören oder zu lernen, was nötig ist». Der Autor zeigt sich verzweifelt ob dieser Lage. Von den Tories, den Konservativen, habe niemand erwartet, dass sie sich mit den Missständen in Großbritannien befassen. Allerdings hätten viele lange Zeit von der Labour-Partei erwartet, dass sie es versuche, doch sie tue nichts dafür.
«Es gibt Antworten auf den Zustand, in dem wir uns befinden. Aber wenn der politische Mainstream sich weigert, sie in Betracht zu ziehen oder auch nur zu benennen, was passiert, dann sind wir in Schwierigkeiten.»
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