Die Zahl der Corona-Infektionen in Deutschland ist fast doppelt so hoch wie derzeit offiziell angegeben – wodurch die tatsächlichen Sterberaten entsprechend um die Hälfte niedriger ausfallen. Die Berechnungen des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock gelten als wissenschaftliche Sensation.
Denn sie belegen, dass gerade in Ländern mit hohen Sterberaten die Dunkelziffer der Infektionen wesentlich höher liegt, als bislang angenommen. «Für die zehn am meisten von der Covid-19-Pandemie betroffenen Länder schätzen wir mit unserem demografischen Skalierungsmodell ab, wie hoch die Dunkelziffer infizierter Personen ist», sagt Mikko Myrskylä, Direktor am Max-Planck-Institut für demografische Forschung. So gebe es dort nach Stand der Zahlen vom 13. Mai 2020 durchschnittlich vier Mal so viele Infizierte, wie bestätigte Fälle.
Für Italien geht das Modell von etwa 1,4 Millionen infizierter Menschen aus. Das sind sechs Mal so viele, wie von den Behörden offiziell gemeldet. In den USA gehen die Forscher mit 3,1 Millionen Erkrankten von mehr als doppelt so vielen Infizierten aus.
In Deutschland, wo sehr viele Menschen auf COVID-19 getestet würden, schätze das Modell die Dunkelziffer 1,8 Mal so hoch ab, heißt es dazu in einer Pressemitteilung des MPIDR.
Die deutlich höheren Fallzahlen führen somit zwangsläufig zu einer Neubewertung der vom deutschen Robert Koch-Institut (RKI) publizierten Sterberaten. Denn diese werden immer auf Basis der zu Grunde gelegten Infektionszahlen berechnet. Auch das COVID-19 Dashboard des RKI, eine tagesaktuelle Online-Entscheidungshilfe für die Politik, erscheint angesichts der MPIDR-Berechnungen nunmehr als Quelle der Fehlinformation.