Vor einigen Tagen prangerte Meta die Spionage von Aktivisten und Journalisten an, die angeblich über WhatsApp mit dem Spionageprogramm Graphite von Paragon Solutions, einem israelischen Unternehmen für Computersicherheit, durchgeführt wurde. Wie der Guardian berichtet, sollen 90 Personen überwacht worden sein. Zu den Betroffenen würden ein italienischer Investigativjournalist und zwei Aktivisten gehören, die Italiens Libyen-Politik und die Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni kritisieren. Paragon Solutions habe daraufhin seinen Vertrag mit Italien gekündigt.
Laut der Zeitung verbietet es der Vertrag von Paragon, Journalisten und Mitglieder der Zivilgesellschaft ins Visier zu nehmen. Gemäß einer mit der Angelegenheit vertrauten Person habe Italien gegen diese Bestimmungen verstoßen. Die Spionagesoftware, die der bekannten, ebenfalls aus Israel stammenden Pegasus ähnele, könne Telefone ohne das Wissen des Benutzers infizieren und vollen Zugriff auf Nachrichten und verschlüsselte Chats gewähren.
Die Enthüllung hat in Italien für politischen Aufruhr gesorgt, und die Oppositionsparteien fordern Antworten. Melonis Büro leugnete die Verwicklung. Byoblu zufolge erklärte Markus Lammert, Sprecher der Europäischen Kommission:
«Ermittlungen sind Sache der nationalen Behörden und nicht der Europäischen Kommission, und wir erwarten von ihnen, dass sie diese Anschuldigungen überprüfen. Generell ist jeder Versuch, illegal auf die Daten von Bürgern, einschließlich Journalisten und politischen Gegnern, zuzugreifen, inakzeptabel – natürlich nur, wenn er bewiesen ist.»
In der verwirrenden Schuldzuweisung scheine ein gemeinsames Element klar zu sein, so das Portal:
«Viele derjenigen, deren Privatsphäre verletzt wurde, bestreiten auch die ethnische Säuberung in Gaza und die israelischen Kriegsverbrechen im Nahen Osten.»
Laut dem Guardian entdeckte WhatsApp die Hacking-Versuche im Dezember mit Hilfe von Citizen Lab und informierte die betroffenen Nutzer. Die italienische Regierung habe am Mittwoch mitgeteilt, dass die Zielpersonen gemäß der Social-Media-Plattform in Ländern in ganz Europa leben – und möglicherweise in anderen Ländern –, darunter Belgien, Griechenland, Lettland, Litauen, Österreich, Zypern, die Tschechische Republik, Dänemark, Deutschland, die Niederlande, Portugal, Spanien und Schweden.
Rai News zufolge hat das Exekutivkomitee des Nationalen Rates des Journalistenordens festgestellt:
«Das Abhören von Journalisten mittels Spionagesoftware ist nicht nur inakzeptabel und verstößt gegen den Grundsatz der Pressefreiheit, sondern ist auch gesetzlich verboten. Der Media Freedom Act, die europäische Medienverordnung, ist für die Mitgliedsstaaten verbindlich und sanktioniert das Verbot des Abhörens von Journalisten, insbesondere mit Spionagesoftware, außer in besonders schwerwiegenden Fällen.
Wir nehmen die Erklärungen der Regierung zur Kenntnis, die das Ausspionieren von Journalisten ausschließt, aber wir brauchen Klarheit über die Beziehung des israelischen Unternehmens Paragon Solution mit dem italienischen Staatsapparat, seine Aufträge in Italien und die vom Guardian berichteten Nachrichten über die Beendigung des Vertrags wegen Verletzung der Nutzungsbedingungen.»
Paragon, das laut Berichten vor kurzem vom US-Unternehmen AE Industrial Partners übernommen wurde, hat gemäß dem Guardian zuvor einen Zwei-Millionen-Dollar-Vertrag mit der US-amerikanischen Einwanderungs- und Zollbehörde (ICE) abgeschlossen, dessen Status jedoch unklar bleibe. AE Industrial Partners beschreibt sich auf seiner Website als private Investmentfirma mit einem verwalteten Vermögen von 5,6 Milliarden Dollar, das sich auf Märkte wie die nationale Sicherheit konzentriert. Das Unternehmen hat auf Bitten des Guardian um Stellungnahme nicht geantwortet.