Der Kölner Medizinprofessor Matthias Schrappe hält die Infektionszahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) für unzureichend. Sie hätten keine Basis und seien das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben seien, sagte der frühere Vize-Vorsitzende des Sachverständigenrates Gesundheit gegenüber ZDFheute live in einem Videointerview.
Ab Minute 0:07
Frage des Moderators: Ist das RKI durch die hohen Anforderungen nicht einfach überlastet?
Schrappe: Diese Frage höre ich täglich mehrfach. Ich kann Ihnen das nicht sagen – das RKI ist politisch gesteuert und dem Bundesministerium für Gesundheit untergeordnet. Mit dieser Frage müssten sie beim RKI einmal aufschlagen.
Sie werfen dem RKI also vor, dass es nicht wissenschaftlich neutral arbeitet?
«Ich sage nur, dass wir Zahlen brauchen, wir sind im Bereich von Mutmassungen. Gleichzeitig werden Grundrechte eingeschränkt, ohne dass wir eine verwertbare Zahlenbasis haben. Ich halte das als Wissenschaftler und als Staatsbürger für ein Unding. Probate Standardmethoden, wie sie allen epidemiologisch und infektiologisch ausgebildeten Fachleuten bekannt sind, werden durch das RKI nicht eingehalten. Unsere Autorengruppe ist nicht ohne Grund immer wieder hinterher, dies einzufordern.»
«Aber es gibt doch Zahlen, auf die immer wieder verwiesen werden, wie die Infektionszahlen, den R-Wert, dann haben wir eine ungefähre Ahnung davon, wie viele Intensivbetten noch frei sind. Es ist also nicht so, dass wir im Nebel durch die Gegend schwimmen.»
«Doch. Da muss ich Ihnen leider widersprechen. Denn diese täglich erhobenen Infektionszahlen sind vom Nebel nicht weit entfernt. Wir testen 1,5 Millionen Leute pro Woche und haben damit 120’000 Testpositive. Wie viele Positive hätten wir, wenn wir 2,5 Millionen Leute testen würden? Das hat keine wissenschaftliche Basis. Die Zahlen sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind. Sie werden einfach erhoben und auf die Gesamtbevölkerung umgerechnet, ohne einzubeziehen, wie viele vielleicht noch zusätzlich infiziert sind. Sie sind nicht geeignet, um damit politisch zu steuern. Diese Zahlen sind nichts wert.»