Dieser Beitrag wurde mit freundlicher Genehmigung von l’AntiDiplomatico übernommen.
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Seltene Erden gegen Militärhilfe: Trump fordert von Kiew die Herausgabe seiner Reichtümer, um den Stellvertreterkrieg der USA gegen Russland weiterführen zu können. Washington arbeitet an einem Deal mit Kiew, bei dem US-Hilfen gegen die Lieferung von seltenen Erden und «anderen Dingen» getauscht werden sollen, sagte Präsident Donald Trump am Montag vor Reportern im Oval Office.
Der Krieg in der Ukraine wird so von einem Nullsummenspiel für Washington zum größten und tragischsten Betrug der Menschheitsgeschichte. Bisher wurden die Milliarden, die der Kongress als Militärhilfe für Kiew bereitstellte, nicht über den Atlantik geschickt, sondern es wurden damit die US-Kriegsindustrie finanziert und die heimische Wirtschaft angekurbelt. Nun wird die Ukraine an der Reihe sein, die Produktionsanstrengungen der US-Militärindustrie zu unterstützen, indem sie für Waffen- und Munitionslieferungen bezahlt. Sie wird nicht nur ihre Söhne, sondern auch ihr Land und ihren Reichtum Washington opfern müssen.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow kommentierte Trumps Entscheidung trocken: Die Militärhilfe mutiere zu einer Handelsbeziehung: «Nennen wir das Kind beim Namen, das ist ein Angebot, Hilfe zu kaufen.» Der letzte Schleier, der den rein neokolonialen Charakter der Beziehungen zwischen den USA und der Ukraine verbirgt, fällt.
Die Hypothese einer Fortsetzung der Militärhilfe nach der Formel «Waffen gegen Naturreichtum» war im vergangenen Jahr mehrfach aufgekommen. Der neokonservative republikanische Senator Lindsey Graham hat sowohl in der US-Presse als auch bei mehreren Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj wiederholt erklärt, dass die Ukrainer auf Billionen von Dollar an natürlichen Reichtümern sitzen, die auf keinen Fall in die Hände der US-Herausforderer, das heißt Russlands, aber vor allem Chinas, gelangen dürfen.
Es ist kein Zufall, dass Trump erklärte: «Wir investieren Hunderte von Milliarden Dollar. Sie verfügen über große Mengen an Seltenen Erden, und ich will eine sichere Versorgung mit Seltenen Erden», womit er sich an die zahlreichen Äußerungen Grahams anlehnt.
Grahams Forderung wurde von Kiew aufgegriffen. Der von Selenskyj im letzten Herbst in Washington vorgeschlagene Siegesplan enthielt eine Reihe von Punkten, die speziell für Trump im Falle seines möglichen Wahlsieges gedacht waren. Dazu gehörten der Zugang zu den ukrainischen Bodenschätzen und die Vertreibung des chinesischen Kapitals aus dem Land.
Der Plan scheint also aufgegangen zu sein, und Kiew wird sich die Unterstützung der neuen Regierung sichern können, allerdings zu einem sehr hohen Preis. Wenn Washington die Kosten für die militärische Unterstützung auf Kiew abwälzt, wird es nur von einer unbestimmten Fortsetzung des Krieges in Europa profitieren.
Kurz gesagt: Die Ukrainer werden dafür bezahlen müssen, dass sie den Stellvertreterkrieg gegen Russland im Namen der Vereinigten Staaten weiterführen. Es gäbe auch einen geopolitischen Vorteil. Während Washington einen bequemen Ausweg aus dem ukrainischen Kriegsschauplatz findet, indem es seine Präsenz reduziert und die Lasten auf Europa und die NATO abwälzt – finanzielle und militärische Unterstützung, Bürgschaft für die Schulden der Ukraine, Wiederaufbau –, bleibt Russland in einen Zermürbungskrieg verwickelt, der seine wirtschaftliche und machtpolitische Entwicklung beeinträchtigt und es daran hindert, seine Interessen in anderen Regionen der Welt zu verfolgen. Die USA würden hingegen in der Lage sein, sich mit strategischeren Szenarien zu befassen, vom asiatisch-pazifischen Raum über Lateinamerika bis hin zum Wettbewerb um die arktischen Routen.
Einmal mehr zeigt sich der neokoloniale Ansatz, mit dem die neue US-Regierung die Beziehungen zu anderen Ländern, auch zu ihren Partnern, zu gestalten gedenkt, auf plumpe und grausame Art und Weise. Trump hat von Anfang an deutlich gemacht, dass «Amerika» zurück ist und nicht die Absicht hat, sich an die Grenzen des Völkerrechts zu halten, um seine Vormachtstellung wiederherzustellen. Die Ansprüche auf Kanada, Panama und Grönland sind eine Warnung an die EU und mögliche «Herausforderer».
Aus Moskau kommt jedoch eine klare und deutliche Botschaft an Washington: Die unipolare Welt ist vorbei, der US-Exzeptionalismus gehört der Vergangenheit an.
Die «America-First-Politik erinnert in beunruhigender Weise an den Slogan ‹Deutschland über alles› der Nazis», warnte der russische Außenminister Sergej Lawrow in einem Leitartikel, der in Russia Global Affair anlässlich des 80. Jahrestages des Beginns der Konferenz von Jalta veröffentlicht wurde. Unter Bezugnahme auf die Rede des US-Außenministers Marco Rubio, der am 15. Januar im Senat «sehr eloquente Erklärungen über die Tatsache abgab, dass die Nachkriegsweltordnung nicht nur veraltet ist, sondern sich in eine Waffe verwandelt hat, die gegen die Interessen der USA eingesetzt wird», warnte Lawrow, dass die Politik des «Friedens durch Gewalt» die Diplomatie auf Dauer begraben könne. Zudem stelle sie eine Bedrohung dar für das Völkerrecht, das «uns nicht in den Himmel geführt, sondern vor der Hölle bewahrt hat». Die UN-zentrierte Weltordnung hat acht Jahrzehnte lang erfolgreich ihr Ziel verfolgt, die Menschheit vor einem neuen Weltkrieg zu bewahren.
Lawrow hoffte, dass die USA verstehen würden, dass «die Multipolarität stärker wird» und dass sie, «anstatt sich diesem Prozess zu widersetzen», akzeptieren würden, einer der führenden Staaten in der Weltordnung zu sein, aber nicht mehr der Hegemon. Dadurch mögen die Vereinigten Staaten in der «absehbaren historischen Perspektive eines der verantwortlichen Machtzentren werden, zusammen mit Russland, China und anderen Mächten aus dem Süden, Osten, Norden und Westen der Welt».
Die Rede von Sergej Lawrow ist aufschlussreich und beleuchtet die aktuelle Phase, die mit dem Sieg von Donald Trump im Weißen Haus ihren Höhepunkt erreicht hat. Die regelbasierte internationale Ordnung, auf der der US-Exzeptionalismus beruhte, ist tot, und auf ihrem Kadaver ringt Washington mit Russland, China und den BRICS um die Vorherrschaft in der globalen Ordnung. Die Herausforderung besteht darin, sich zwischen «America First» und einer multipolaren Welt zu entscheiden.
Entweder entsteht eine neue, gerechtere und inklusivere Ordnung, wenn die USA das Ende ihrer Vormachtstellung akzeptieren, oder ein Konflikt, sogar ein globaler, wenn das Völkerrecht und die Diplomatie durch Trumps und Rubios Ehrgeiz, die USA wieder groß zu machen, zu Grabe getragen werden.
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Clara Statello, diplomierte Politologin, hat als Korrespondentin und Autorin für Sputnik Italia gearbeitet, das nach dem EU-Verbot infolge des russischen Einmarschs in die Ukraine im Februar 2022 eingestellt wurde. Sie schreibt unter anderem für L’Antidiplomaticound Pressenza. Ihre Leidenschaft gilt der internationalen Politik.
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