«Covid-19 konfrontiert die Welt nicht nur mit einer, sondern gleich mit mehreren Pandemien. Das Coronavirus hat eine Polypandemie verursacht, die Entwicklungsfortschritte unterminiert, staatliche Fragilität befördert und internationale Zusammenarbeit weiter untergräbt. Wenn es nicht gelingt, Covid-19 und seine zahlreichen Folgepandemien einzudämmen – darunter die Pandemien des Hungers, der Ungleichheit und des Autoritarismus – dürfte sich das Leid ohnehin vulnerabler Länder und Bevölkerungen massiv verstärken.»
So steht es in der Zusammenfassung von «Polypandemie», einer Sonderausgabe des «Munich Security Report» zu Entwicklung, Fragilität und Konflikt in der Covid-19-Ära.
Die Polypandemie in Zahlen
Die Hunger-Pandemie
- ± 100 %: Covid-19-induzierter Anstieg der von akuter Ernährungsunsicherheit betroffenen Menschen
- 83 - 132 Mio.: Zusätzliche Menschen, die aufgrund von Covid-19 im Jahr 2020 unterernährt sein könnten
- 828 Mio.: Drastischste Projektion der FAO zur Gesamtzahl der Menschen, die bis Ende 2020 unterernährt sein könnten
Die Ungleichheits-Pandemie
- 30 % vs. 9%: Anstieg der Sterblichkeitsrate unter People of Color und Weissen in den Vereinigten Staaten bis Juli
- 29 vs. 3: Ärztinnen und Ärzte pro 10’000 Menschen: OECD-Staaten vs. am wenigsten entwickelte Länder
- 4’200 vs. 74’255: Covid-19-Tests pro einer Million Menschen bis Anfang Juli: Afrika vs. Europa
Die Armuts-Pandemie
- 88 - 115 Mio.: Zusätzliche Menschen in extremer Armut im Jahr 2020 aufgrund von Covid-19
- 9%: Anteil der Weltbevölkerung in extremer Armut im Jahr 2020 laut drastischstem Szenario der Weltbank
- Erste Zunahme der weltweiten Armut seit 1990
- 495 Mio.: Vollzeitarbeitsplätze, die aufgrund von Covid-19 im Jahr 2020 voraussichtlich verloren gehen
- Ca. 20 %: Für 2020 erwarteter Rückgang der Rücküberweisungsströme in Länder mit niedrigen und mittleren Einkommen
Die Gewalt-Pandemie
- 21’000: Anzahl der Menschen, die in den ersten drei Monaten nach der globalen Waffenstillstandsresolution des UN-Sicherheitsrates in einem Konflikt getötet wurden
- 21%: Anstieg der Auseinandersetzung mit gewalttätigen extremistischen Inhalten online in Gebieten mit Covid-19-Ausgangssperren in den USA (April)
Die Autoritarismus-Pandemie
- 30%: Zunahme staatlicher Repression zwischen Mitte März und Ende Juli
Die Nationalismus- und Unilateralismus-Pandemie
- 1 Tag vs. 3 Monate: Zeit, die der UN-Sicherheitsrat brauchte, um eine Resolution zu verabschieden: Ebola 2014 vs. Covid-19 2020
- 92: Gerichtsbarkeiten, die bis zum 16. Oktober 2020 Exportkontrollen für medizinische Güter eingeführt hatten
Die Bildungs-Pandemie
- 91%: Anteil der weltweit von vorübergehenden Schulschliessungen betroffenen Schülerinnen und Schüler
- 1,6 Mrd.: Zahl der bis April von Schulschliessungen betroffenen Kinder und Jugendlichen
- 3,6 Mio.: Kinder in West- und Zentralafrika, die bis Ende 2021 voraussichtlich die Schule abbrechen
Die Gesundheits-Pandemie jenseits von Covid-19
- 2 Mio.: geschätzte Nicht-Coronavirus-Todesfälle aufgrund von Unterbrechungen in Gesundheitssystemen
- 29: Anzahl von Ländern, die bis Juli Masernimpfungen ausgesetzt hatten
- 769’000: WHO-Projektion der Malaria-Todesfälle im Jahr 2020