«Milliardenschwere Wetter- und Klimakatastrophen brechen den US-Rekord im Jahr 2023», so oder ähnlich lauteten viele Schlagzeilen in US-Medien Anfang dieses Jahres. In der Regel stützten sie sich auf die Pressemitteilung der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) vom Januar, wie das Magazin Reason schreibt.
Die US-Bundesbehörde hatte in jener Mitteilung ihre jährliche Bilanz der Wetterkatastrophen vorgestellt. Darin heißt es, der Bericht bestätige 2023 als ein historisches Jahr in Bezug auf die Zahl der kostspieligen Katastrophen und Extreme in weiten Teilen des Landes. Es habe 28 Wetter- und Klimakatastrophen gegeben, die mindestens 92,9 Milliarden Dollar gekostet hätten.
Die wissenschaftliche Integrität dieser jährlichen NOAA-Berichte zu Klima- und Wetterkatastrophen stellt jedoch der Politikwissenschaftler und Klimapolitikexperte Roger Pielke Jr. von der University of Colorado Boulder in einem Artikel in der Zeitschrift npj Natural Hazards in Frage.
Es gehe ihm nicht darum, «die Realität oder die Bedeutung des vom Menschen verursachten Klimawandels» in Frage zu stellen – der sei real, erklärt Pielke. Der Mann ist also kein «Klimaleugner». «Es geht vielmehr um die Frage, ob die Zeitreihe milliardenschwerer Katastrophen der NOAA Beweise für die Entdeckung oder Zuordnung von Klimaveränderungen bei extremen Wetterereignissen in den Vereinigten Staaten liefert, wie häufig behauptet», stellt er klar.
Unter Berufung auf die NOAA-Daten würden viele dramtische Aussagen gemacht, auch von offizieller Seite. Pielke nennt beispielsweise den Fünften Nationalen Klimabericht (2023), der auf dieser Basis behauptet, dass «es ein wachsendes Bewusstsein gibt, dass Veränderungen bei einigen Extremereignissen durch den vom Menschen verursachten Klimawandel verursacht werden». Ebenso eine Erklärung des Weißen Hauses von 2023, in der versichert wurde, dass «mit dem Klimawandel zusammenhängende extreme Wetterereignisse nach wie vor eine sich rasch verschärfende Bedrohung darstellen».
Pielke stellt verschiedene Behauptungen in den Analysen der NOAA in Frage. Konkret argumentiert er zum Beispiel:
«Die NOAA behauptet fälschlicherweise, dass der Datensatz für einige Arten extremer Wetterereignisse die Erkennung und Erklärung von Veränderungen auf klimatischen Zeitskalen demonstriert. Ähnlich fehlerhaft sind die Behauptungen der NOAA, dass die zunehmende Zahl der jährlichen Milliarden-Katastrophen zum Teil eine Folge des vom Menschen verursachten Klimawandels ist.»
Ausserdem kritisiert der Wissenschaftler deren Methode zur Berechnung der Anzahl und der Kosten der einzelnen Katastrophen als undurchsichtig. Die Behörde sage, dass die Kosten der von ihr erfassten Katastrophen im Laufe der Zeit inflationsbereinigt seien. Pielke identifiziert jedoch zahlreiche Beispiele in der Auflistung der NOAA, in denen die Kosten bestimmter Katastrophen auf unerklärliche Weise weit über die Inflationsanpassungen hinaus erhöht worden seien.
Da die NOAA keine Einzelheiten über die Methodik oder die Grundlage für solche Umrechnungen zur Verfügung stelle, werde die Forderung nach Datentransparenz nicht erfüllt. Daher werde es externen Analysten nicht ermöglicht, die Angemessenheit und Genauigkeit der Berechnungen zu bewerten.
Des weiteren weist Pielke darauf hin, dass die NOAA zwar einräumt, dass die Katastrophenverluste zum Teil aufgrund des zunehmenden Wohlstands steigen und somit mehr Vermögenswerte einem Risiko ausgesetzt sind. Die Behörde passe ihre Berechnungen jedoch nicht an solche Veränderungen in der Exposition oder Anfälligkeit der Vermögenswerte an, bemängelt er.
Pielke argumentiert, ein besserer Weg, um zu verfolgen, wie sich extreme Wetterereignisse auf die US-Wirtschaft auswirken, bestehe darin, solche Verluste im Zeitverlauf als Prozentsatz des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu berechnen. Eine solche Berechnung zeige, dass die Verluste durch Wetter- und Klimakatastrophen als Prozentsatz des BIP der USA zwischen 1990 und 2019 nicht gestiegen seien.
Die am besten geeigneten Daten, um die Erkennung und Beurteilung von Veränderungen der Klimavariablen zu untersuchen, seien immer Klimadaten und nicht Wirtschaftsdaten, schließt Pielke. Und er mahnt:
«Jede Behauptung, dass der NOAA-Datensatz zu Milliarden-Dollar-Katastrophen eine Verschlechterung des Wetters oder eine Verschlimmerung der Katastrophen anzeigt, ist bestenfalls unvollständig und schlimmstenfalls irreführend.»
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