Die Tagung des Exekutivrates der WHO in Genf beginnt mit einer Überraschung, wie das Aktionsbündnis Freie Schweiz schreibt: die Teilnahme der USA, die nach der Ankündigung eines Austritts aus der WHO mit einer stattlichen Delegation in Genf vertreten sind. Diese umfasst unter anderem hochrangige Vertreter aus verschiedenen US-Gesundheitsorganisationen. Es stellt sich die Frage, warum die USA, die offiziell einen Ausstieg aus der WHO angekündigt haben, dennoch mit einer so umfangreichen Delegation an der Sitzung teilnehmen. Ein möglicher Einfluss auf die zukünftige Ausrichtung der Organisation, auch ohne formellen Mitgliedsstatus, scheint nicht ausgeschlossen.
Ein besonders kontroverser Punkt in den Gesprächen betrifft die Überarbeitung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV). Der WHO-Generaldirektor plant, durch ein Schnellverfahren sprachliche und redaktionelle Fehler in den verschiedenen Übersetzungen der IGV zu korrigieren. Betroffen sind vor allem die Übersetzungen auf Arabisch, Chinesisch, Französisch, Russisch und Spanisch. Kritiker stellen infrage, ob es sich bei diesen Korrekturen lediglich um technische Anpassungen handelt oder ob sie nicht vielmehr als Vorwand für tiefgreifende Änderungen dienen könnten.
Ein weiteres zentrales Thema auf der Agenda ist der noch nicht abgeschlossene Pandemievertrag der WHO. Auch wenn dieser nicht als eigenständiger Tagesordnungspunkt behandelt wird, so wird er in den laufenden Verhandlungen des Intergovernmental Negotiating Body (INB) zur Pandemieprävention, -vorbereitung und -reaktion eingebunden. Das WHO-Regionalkomitee für Amerika betont dabei die Notwendigkeit, die regionalen Perspektiven stärker in das Abkommen zu integrieren, um eine ausgewogenere Berücksichtigung nationaler Interessen zu gewährleisten.
Die Diskussionen zu diesem Vertrag sind bislang von Spannungen geprägt, da einige Mitgliedstaaten eine stärkere Mitsprache und mehr Transparenz im Entscheidungsprozess fordern. Besonders brisant ist, dass die WHO bereits jetzt finanziellen Aufstockungsbedarf für gesundheitliche Notfallmaßnahmen einplant – obwohl das Pandemievertrags-Abkommen noch nicht finalisiert ist.
Das WHO-Budget für 2026–2027 sieht eine deutliche Erhöhung der Pflichtbeiträge vor, was vor allem mit der Notwendigkeit begründet wird, eine stabilere Finanzierung zu gewährleisten und die WHO-Programme auszubauen, insbesondere in den Bereichen digitale Gesundheitssysteme und Pandemieprävention. Angesichts des angekündigten Rückzugs der USA aus der WHO stellt sich die Frage, wer die daraus resultierende Finanzierungslücke füllen wird.
Für die Schweiz könnte dies zum Beispiel eine höhere finanzielle Belastung zur Folge haben, da andere Mitgliedstaaten die Differenz übernehmen müssen. Darüber hinaus werden zusätzliche Kosten für Programme erwartet, deren Umsetzung in den einzelnen Ländern oft unklar bleibt.
Die regionalen Berichte der WHO zeichnen ein unterschiedliches Bild der WHO-Aktionsfelder. In Europa stehen vor allem die Anpassung der Gesundheitssysteme an den Klimawandel und die Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Vordergrund.
In Afrika hingegen liegt der Fokus auf der Stärkung der lokalen Produktion von Medikamenten und Impfstoffen sowie der Bekämpfung von Infektionskrankheiten wie Mpox und Polio. In den amerikanischen Ländern fordert man eine gerechtere Verteilung der WHO-Budgetmittel und mehr Einfluss auf die Pandemieabkommen, während Asien, der Nahe Osten und der Pazifikraum die Anpassung der Gesundheitssysteme an die Folgen des Klimawandels sowie Strategien zur Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten priorisieren.
Fazit
Die Schweiz steht in der Verantwortung, genau hinzuschauen, wie sich die Finanzierungsfrage entwickelt und welche weiteren Kompetenzen der WHO zugeschrieben werden. Insbesondere die wachsende Einflussnahme der WHO auf nationale Gesundheitssysteme und politische Bereiche wie Klimaschutz und digitale Identitäten wirft Fragen auf. Es bleibt zu beobachten, wie die Schweiz auf diese Entwicklungen reagieren wird, um ihre Interessen zu wahren und die Kontrolle über ihre Gesundheitspolitik nicht aus der Hand zu geben.
In diesem Zusammenhang ist das Opting-out der Schweiz aus den IGV-Änderungen bis zum 19. Juli 2025 zentral. Andernfalls treten diese bereits im September 2025 in Kraft.
Die Aktion ABF Schweiz hat bereits eine Online-Petition ins Leben gerufen, die den Bundesrat auffordert, die Anpassungen der IGV klar abzulehnen und ein Referendum zu ermöglichen.
Die Vernehmlassung ist allen offen. Wichtige Dokumente und Vorlagen gibt es hier. Sie können damit «Ihren» Politikern schreiben und sie über die geänderten IGV informieren.
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