Vor zwei Jahren entbrannte an der Universität Zürich ein beispielloser Streit um eine Studie zum Karriereverhalten von Frauen. Die beiden Autorinnen – die Soziologin Katja Rost und die Wirtschaftswissenschaftlerin Margit Osterloh – sahen sich heftiger Kritik, persönlichen Angriffen und öffentlicher Diffamierung ausgesetzt. Ihr Vergehen: Sie hatten gewagt, ein sensibles Thema sachlich zu untersuchen – und dabei ein Ergebnis präsentiert, das nicht ins gewünschte Bild passte, wie die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) berichtete.
Der Auslöser war eine einfache Frage: Warum liegt der Frauenanteil unter Studierenden über 50 Prozent, während nur rund ein Viertel der Professuren mit Frauen besetzt ist? Das Phänomen der «leaky pipeline», also des abnehmenden Frauenanteils mit zunehmender Karrierestufe, ist bekannt. Rost und Osterloh gingen diesem systematisch auf den Grund – mit einer soliden Datenbasis und fundierter Methodik. Das Resultat: Nicht strukturelle Diskriminierung sei der Hauptgrund für den Rückgang, sondern unterschiedliche Lebens- und Karriereprioritäten zwischen Männern und Frauen.
Was in der Wissenschaft keineswegs revolutionär ist, löste in der Öffentlichkeit eine Welle der Entrüstung aus. Rund 3000 Personen unterzeichneten Petitionen, 88 ETH-Professorinnen schrieben einen offenen Protestbrief. Kritiker warfen den Forscherinnen vor, unwissenschaftlich zu arbeiten – unter anderem, weil die Studie noch nicht peer-reviewed war. Dabei ist es in vielen Fachrichtungen üblich, vor der finalen Publikation in Fachzeitschriften erste Ergebnisse öffentlich zur Diskussion zu stellen.
An einer eigens einberufenen Podiumsdiskussion wurden die Autorinnen scharf attackiert – auch von Kolleginnen. Ihnen wurde unterstellt, mit ihrer Studie frauenfeindliche Narrative zu bedienen. Besonders irritierend: Persönliche Herabwürdigungen ersetzten häufig die inhaltliche Auseinandersetzung.
Nun zeigt sich: Die Studie hat den Peer-Review-Prozess bestanden und wurde kürzlich im renommierten European Management Review veröffentlicht – ein Journal mit strengen Auswahlkriterien. Damit ist die wissenschaftliche Qualität der Arbeit offiziell bestätigt. Die Autorinnen sehen sich zurecht rehabilitiert.
«Es war ein schmerzhafter Prozess», sagt Osterloh rückblickend, «aber einer, der auch zeigt, dass Wissenschaftsfreiheit in der Schweiz noch gelebt wird.»
Während sich viele Kritiker inzwischen zurückhalten, bleibt die Grundfrage aktuell: Wie geht der akademische Betrieb mit Forschung um, die gesellschaftlich unbequeme Ergebnisse liefert? Und wie offen ist er wirklich für die Vielfalt von Perspektiven – auch dann, wenn sie nicht dem Mainstream entsprechen?