Kriegsparteien versuchen in Konflikten stets, die Wut der Bevölkerung auf den Anführer des Gegners zu lenken. Entsprechend wird Propaganda hüben wie drüben auf Hochtouren betrieben.
Zu sehen ist das besonders im Rahmen des Krieges in der Ukraine. Zwischen den USA/der Ukraine und Russland findet ein regelrechter Informationskrieg statt. Dabei stehen gerade auch die europäischen Staaten massiv unter dem Einfluss der US-Propaganda – darunter auch die offiziell neutrale Schweiz.
Nahezu alle grossen Medienhäuser in der Schweiz haben sich zuletzt klar hinter Wolodimir Selenski und gegen Russland positioniert. Einseitige Berichterstattung und Konformität herrschen vor: Der Meinungspluralismus verschwindet immer mehr.
Besonders besorgniserregend: Diese Entwicklung treibt offenbar auch das Verteidigungsministerium gegenwärtig weiter voran. Denn dieses will offenbar künftig noch mehr gegen sogenannte «Desinformationen» unternehmen, wie Wehrministerin Viola Amherd letzte Woche im Rahmen einer Pressekonferenz mitteilte.
Amherd stellte dabei ihre Pläne für das neue Staatssekretariat vor. Dieses soll unter anderem für die internationale Dimension der Schweizerischen Sicherheitspolitik verantwortlich sein. Der Krieg in der Ukraine zeige, wie neben dem militärischen Kampf zunehmend auch Mittel der hybriden Kriegsführung eingesetzt würden – darunter Desinformationskampagnen, Sabotage mit Cyberattacken bis hin zu verdeckten Operationen.
Im VBS-Staatssekretariat sollen die Aufgaben des heutigen Bereichs Sicherheitspolitik im Generalsekretariat, der Gruppe Verteidigung oder etwa des Bundesamts für Bevölkerungsschutz zusammengeführt werden. Zum Aufgabenbereich zählen laut der NZZ etwa:
- Sicherheitspolitische Analysen in Zusammenarbeit mit verschiedenen Stellen inner- und ausserhalb des Departements: etwa dem Nachrichtendienst des Bundes oder dem Bundesamt für Polizei. Die Antizipation von gefährlichen Entwicklungen soll mit diesem integralen Ansatz gestärkt werden.
- Ausarbeitung von sicherheitspolitischen Berichten, also die strategischen Grundlagen der Sicherheitspolitik.
- Pflege der Beziehungen zu den sicherheitspolitischen Nachbarn wie der Nato, Ländern wie Frankreich oder Deutschland sowie den US-Streitkräften in Europa. Dazu die Koordination der internationalen und nationalen Sicherheitskooperationen.
- Leitung der Koordinationsgruppe Sicherheit, der Stabsstelle des Sicherheitsausschusses des Bundesrats, der aus den Chefs des Verteidigungs-, des Aussen- sowie des Justiz- und Polizeidepartements besteht.
- Verantwortung für den Schutz kritischer Infrastrukturen. Aus der Sicht von Bundesrätin Amherd eine Kernaufgabe des neuen Staatssekretariats.
Kritik an dem anvisierten Staatssekretariat ist mannigfaltig. Innerhalb der etablierten Parteien ist die Umstrukturierung des VBS insbesondere der SVP ein Dorn im Auge.
Die Partei befürchtet dadurch eine versteckte Anbindung an die NATO und die EU. Unabhängige Medien und kritische Bürger sehen den VBS-Fokus auf Desinformation als besonders grosse Gefahr an.
Wird man künftig unter dem Vorwand, Desinformationen – die in der Tat weit verbreitet sind – zu bekämpfen, vermehrt regierungs- oder NATO-kritische Informationsportale ins Visier nehmen? Dies zumindest befürchten Kritiker. «Gegen Desinformationskampagnen müssen wir noch sehr viel mehr machen», sagte Amherd etwa schon im September 2022.
Wir wollten vom VBS wissen, was genau das neue Staatssekretariat gegen Desinformationen künftig zu tun beabsichtigt. Carolina Bohren, Mediensprecherin des VBS, antwortet hierauf eher kryptisch:
«Die sicherheitspolitischen Berichte des Bundesrats haben klar dargelegt, dass diese grosse Bandbreite möglicher Bedrohungen (Desinformation, Cyberangriffe, Druckausübung und Erpressung bis hin zu verdeckten Operationen, Anm. der Red.) auch die Schweiz betreffen können (sic!). In diesem Kontext ist es wichtig, Sicherheitspolitik nicht auf die Verteidigungspolitik zu beschränken und den zivilen Bereich im VBS zu stärken. Mit einem Staatssekretariat will der Bundesrat sicherstellen, dass er flexibel auf solche und weitere sicherheitspolitische Entwicklungen reagieren kann.»
Das VBS werde bis Ende Jahr das «Aufgabenportfolio des Staatssekretariats detailliert ausarbeiten». Momentan arbeitet das VBS zudem an einer Auslegeordnung zur «Bedrohung der Schweiz durch Desinformationskampagnen». Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats (SIK-N) hat die Regierung 2022 in einem Postulat aufgefordert, darzulegen, inwiefern die Schweiz von «Beeinflussungsaktivitäten und Desinformationskampagnen» betroffen sei. Ebenso wurde die Exekutive aufgefordert, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie der Bedrohung entgegnet werden kann.
Im VBS geht man davon aus, dass Desinformationen künftig noch mehr an Bedeutung gewinnen werden: «Im Kontext geopolitischer Spannungen dürften Desinformations- und Beeinflussungsoperationen zunehmen, was auch die Schweiz betreffen könnte», so Bohren weiter.
Auffällig ist: Das VBS nennt im Zusammenhang mit Desinformationen stets nur östliche Staaten. In den genannten sicherheitspolitischen Berichten ist in diesem Kontext beispielsweise regelmässig die Rede von Russland (siehe hier), die USA werden jedoch nicht erwähnt. Stattdessen heisst es im Bericht, dass die «USA für die Sicherheit Europas zentral bleiben und auch künftig das Rückgrat der Verteidigung auf dem Kontinent innerhalb der Nato bilden werden».
Mit der Frage konfrontiert, ob aus Sicht des VBS die Gefahr durch Desinformationen neben Russland beispielsweise auch von den USA ausgeht, verweist Bohren lediglich auf den oben erwähnten Bericht zur Auslegeordnung, der gerade im Entstehen ist. «Er wird sich dabei nicht auf einen Akteur beschränken», sagt die VBS-Mediensprecherin. Bohren zufolge ist zum jetzigen Zeitpunkt auch noch nicht klar, ob sich anhand des Berichts «Aufgaben für das zu bildende Staatssekretariat im VBS ergeben».
Als aussichtsreichste Kandidatin für den Posten der Chefin des künftigen Staatssekretariats gilt Pälvi Pulli. Dies lässt gerade für Kritiker der immer engeren Anbindung der Schweiz an die NATO nichts Gutes erahnen. Pulli ist gegenwärtig Chefin Sicherheitspolitik im VBS. Pulli verantwortet zusammen mit ihrem Team auch den sicherheitspolitischen Bericht des VBS.
Pikant: Die Frau, die eine Kaderposition im VBS besetzt, stammt ursprünglich aus Finnland. Ihr Russlandbild ist ein negatives, was aufgrund der Geschichte Finnlands verständlich ist. Entsprechend plädiert Pulli für eine engere Kooperation mit der NATO.
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