Die Europäische Union hat kürzlich gefordert, dass EU-Studenten den gleichen Zugang zu Schweizer Universitäten erhalten wie einheimische Studenten. Zudem sollen höhere Studiengebühren für Ausländer, die der Schweizer Nationalrat erst im Mai beschlossen hat, verboten werden. Dies sorgt bei Schweizer Bildungspolitikern für erhebliche Empörung, wie der Nebelspalter am Wochenende meldete.
Bislang genießt die Schweiz eine Sonderregelung im Freizügigkeitsabkommen mit der EU, die die EU in den laufenden Verhandlungen aufgehoben wissen will. Nur wenn die Schweiz diese Forderung akzeptiert, will die EU die Schweiz wieder vollständig in das Forschungsprogramm Horizon Europe aufnehmen.
Im Mai hatte der Schweizer Nationalrat beschlossen, dass die Studiengebühren für Ausländer mindestens verdreifacht werden sollen. Dieser Beschluss wurde mit 134 zu 61 Stimmen gefasst, wobei nur die Sozialdemokratische Partei (SP) und die Grünen dagegen stimmten. Die Schweizerische Volkspartei (SVP) hatte sogar eine Verfünffachung gefordert, während die Ständeratskommission eine Verdoppelung unterstützt.
Kürzlich beschloss der Rat der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, die Studiengebühren für Ausländer von 730 auf 2.190 Franken pro Semester zu erhöhen. Diese Maßnahmen müssten bei einer Zustimmung zu den EU-Forderungen rückgängig gemacht werden.
Roman Hug von der SVP, Vizepräsident der Wissenschaftskommission des Nationalrates, äußerte scharfe Kritik:
«Wenn der Bundesrat dem zustimmt, dann missachtet er den Willen des Parlamentes.»
Hug betonte, dass Schweizer Universitäten nicht aus Steuergeldern nahezu kostenlos EU-Studenten ausbilden sollten. Er verteidigte die Erhöhung der Studiengebühren und die bestehenden Zugangsbeschränkungen für Ausländer als notwendige Maßnahmen, um die Qualität der Bildung zu sichern.
FDP-Nationalrätin Bettina Balmer, die den Antrag für höhere Studiengebühren eingebracht hatte, zeigte sich ebenfalls empört:
«Wir finanzieren mit Schweizer Steuergeldern ein hervorragendes Bildungswesen und sollen das der EU fast gratis zur Verfügung stellen?»
Balmer hob hervor, dass Schweizer Hochschulen weiterhin das Recht haben müssten, die Kenntnisse der potenziellen Studenten zu überprüfen, um die Qualität der Ausbildung zu gewährleisten.
Auch Andrea Gmür-Schönenberger von der Mitte-Partei kritisierte die Forderungen aus Brüssel und besonders die Verknüpfung mit dem Forschungsprogramm Horizon Europe. Sie forderte die EU auf, die «unsäglichen Druckversuche» zu beenden.
Parteikollege Beni Würth betonte, dass die höheren Studiengebühren angesichts der Finanzierung der Studiengänge durch Schweizer Steuergelder gerechtfertigt seien und keine Diskriminierung darstellten.
Katja Christ von den EU-freundlichen Grünliberalen sah in den Forderungen der EU vor allem Verhandlungstaktik und warnte davor, vorschnell Zugeständnisse zu machen, die die Schweizer Bildungspolitik grundlegend verändern könnten. Sie wies darauf hin, dass Zugangsbeschränkungen im Falle überfüllter Universitäten auch für Schweizer Studenten gelten müssten.
Die Diskussion um die EU-Forderungen zeigt, wie stark internationale Abkommen die Schweizer Innenpolitik beeinflussen können und dass die Debatte um den politischen und rechtlichen Einfluss der EU auf die Schweiz weiter an Bedeutung gewinnen dürfte.
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