Dutzende einzigartiger russischer Bücher im Gesamtwert von mehr als 2,6 Millionen Dollar wurden seit Beginn des Ukraine-Konflikts im Jahr 2022 aus Bibliotheken in ganz Europa gestohlen, berichtet RT mit Bezug auf die New York Times. Darunter seien einige Werke des Dichters Alexander Puschkin.
Einer der ersten Diebstähle fand Berichten zufolge im April 2022 in der Bibliothek der Universität Tartu in Estland statt. Zwei Männer, die sich als ukrainische Forscher ausgaben, entwendeten mehrere Bände aus dem 19. Jahrhundert mit den Schriften von Puschkin (1799-1837) und Nikolai Gogol (1809-1852).
Vier Monate später sei bei einer routinemäßigen jährlichen Bestandsaufnahme in der Bibliothek festgestellt worden, dass acht Bücher, die dieselben Männer konsultiert hatten, verschwunden waren. Sie waren durch Kopien von so hoher Qualität ersetzt worden, dass nur Experten den Unterschied erkennen konnten, so die NYT.
Ähnliche Vorfälle mit seltenen russischen Büchern im Wert von Zehn- bis Hunderttausenden von Dollar wurden gemäß der NYT aus großen Bibliotheken in ganz Europa gemeldet, darunter die Nationalbibliothek von Lettland, die Staatsbibliothek von Berlin, die Nationalbibliothek von Finnland und die Nationalbibliothek von Frankreich. Europol zufolge war die Bibliothek der Universität Warschau mit 78 unauffindbaren Büchern am stärksten betroffen.
In den meisten Fällen seien sie durch hochwertige Faksimiles ersetzt worden, die sogar den altersbedingten Verfall der Originale imitierten, was auf eine ausgeklügelte Operation schließen lässt.
Bibliotheken seien leichte Ziele, da sie oft unterfinanziert seien und es ihnen an Sicherheit mangele, erklärte Pierre-Yves Guillemet, ein auf seltene russische Bücher spezialisierter Händler in London, gegenüber der NYT:
«Es ist einfach, die Bücher zu bekommen, es ist einfach zu wissen, welche Bücher man bekommen sollte, und es ist einfach, den Wert zu kennen.»
Westliche Sanktionen würden es Händlern in der EU verbieten, seltene Bücher an Russen zu verkaufen, erklärt die Zeitung. Das führe zu Schattengeschäften, die sich nur schwer zurückverfolgen ließen. Guillemet zufolge ist es jedoch unwahrscheinlich, dass die gestohlenen russischen Bücher auf offiziellen westlichen Auktionen auftauchen.
Eine Sondereinheit der französischen Polizei zur Bekämpfung des kulturellen Diebstahls leitet die Ermittlungen in Frankreich und koordiniert sie europaweit. Nach Angaben von Europol wurden neun Personen im Zusammenhang mit den Diebstählen festgenommen. Wie die NYT mitteilt, vermuten die französischen Behörden einen Versuch Russlands, die Schätze zurückzubringen.
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