Die US-Agentur IARPA will mit einem neuen Forschungsprogramm Objekte aus Sammlungen von Videosensoren autonom wiedererkennen und ihre Bewegungen kartieren lassen. Auf das Projekt weist der Technologieblog The Sociable hin.
Die IARPA ist der Arm der Nachrichtendienste zur Forschungsfinanzierung. Die Abkürzung steht für Intelligence Advanced Research Projects Activity. Sie wurde nach dem Vorbild der DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency) modelliert, aber eben für Spionagezwecke statt für militärische Belange.
Am 7. Februar wird die Einrichtung einen Antragsteller-Tag für ihr geplantes Programm «Video Linking and Intelligence from Non-Collaborative Sensors (Video LINCS)» abhalten. In der Ankündigung heisst es:
«Das Video LINCS-Programm zielt darauf ab, neuartige Fähigkeiten zu entwickeln, um Objekte über verschiedene Videosensorensammlungen hinweg autonom zu re-identifizieren und alle Objekte einem gemeinsamen Referenzrahmen zuzuordnen.»
Re-Identifizierung (reID) bedeutet dabei laut IARPA «den Prozess des Abgleichs desselben Objekts in einer Videosammlung, um festzustellen, wo das Objekt im Video erscheint». Für das neue Programm würden reID-Technologien zunächst für Objektklassen entwickelt, die im Voraus bekannt sind, wie zum Beispiel Personen und Fahrzeuge. Später werde dies auf alle, auch unbekannte Objektarten im Videomaterial ausgedehnt.
«Die IARPA sucht nach technischen Ansätzen, die eine autonome Re-Identifizierung in einer offenen Welt ermöglichen, in der es keine Vorkenntnisse über Sensoren, Szenen, Inhalte oder Geometrien der Videosammlung gibt.»
Für eine Spionagebehörde hätte die Fähigkeit, Objekte von einer Videokamera zur anderen zu verfolgen, viele Vorteile. Diese Technologie kann zum Aufspüren und Verfolgen von Personen eingesetzt werden. Gleichzeitig könnten die Instrumente und Techniken von Video LINCS aber auch zum Stalking, Profiling oder zur Belästigung missbraucht werden, wenn sie in die falschen Hände geraten oder für schändliche Zwecke eingesetzt werden, betont The Sociable.
Die IARPA suche schon lange nach Möglichkeiten, Menschen und Dinge zu verfolgen und aufzuspüren. Das sei es schliesslich, was Spionageagenturen tun. Der Blog nennt einige Beispiele.
Im Jahr 2021 sagte die IARPA-Direktorin Catherine Marsh, dass IoT-Geräte (Internet der Dinge) eine wachsende Quelle für die Datensammlung der US-Geheimdienste seien, um die Absichten ihrer Gegner zu erfahren.
Letztes Jahr wurde das «Hidden Activity Signal and Trajectory Anomaly Characterization (HAYSTAC)»-Programm angekündigt. Damit sollten Systeme entwickelt werden, die Bewegungsmuster der Bevölkerung rund um den Globus modellieren können. Dies geschehe mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) und Sensoren, die mit dem Internet der Dinge und Smart Cities verbunden sind.
Bereits im Jahr 2019 kündigte die IARPA ihr Programm «Biometric Recognition and Identification at Altitude and Range (BRIAR)» an. Es solle die genaue Identifizierung von Personen von Drohnen und Dächern aus ermöglichen, und zwar durch die Verschmelzung mehrerer biometrischer Signaturen wie Gesichts- und Gangerkennung.
Wenn man alle IARPA-Massnahmen zum Aufspüren und Zurückverfolgen zusammenfasse, von denen im The Sociable-Artikel nur ein paar erwähnt seien, erhalte man ein massives Überwachungssystem, das angeblich gegen US-amerikanische Gegner eingesetzt werden solle.
Dieselben Technologien könnten jedoch leicht als Waffe gegen die Bürger eingesetzt werden, vor allem, sobald das Etikett «Extremist» verwendet werde. Spione blieben nun einmal Spione.
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