Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) ist längst dafür bekannt, ambitionierte Sparprogramme anzukündigen – und sie dann doch nicht umzusetzen. Seit 2007 stieg die Mitarbeiterzahl von 6000 auf 7200, obwohl mehrere Generaldirektoren den Abbau von Stellen und die Straffung von Strukturen versprachen. Das schreibt der Journalist Beni Frenkel auf der Plattform Inside Paradeplatz, die in Schweizer Finanzkreisen praktisch Pflichtlektüre ist.
Aktuell ist es Susanne Wille, die den Taktstock schwingt. Ihr Vorfahre war Ulrich Wille, der etwas zu deutschfreundliche Armeechef der Schweizer Armee im Ersten Weltkrieg. Unter dem Schlagwort «Enavant SRG SSR» möchte die Generaldirektorin den bisher größten Umbau in der Geschichte des Unternehmens durchsetzen. Bis 2029 sollen 270 Millionen Franken eingespart werden, 1000 Stellen stehen auf der Abschussliste. Die Aargauerin gibt sich entschlossen und verweist auf die Notwendigkeit, die SRG fit für die Zukunft zu machen.
Doch die Vergangenheit zeigt, dass Wille in prominenter Gesellschaft wäre, wenn es um Ankündigungen geht, die nie umgesetzt wurden. Ihr Vorgänger Gilles Marchand sprach von einem Abbau von 200 Stellen, ihr Vorvorgänger, der Freiburger Aristokrat Roger de Weck, plante 2015 den Abgang von 250 Mitarbeitenden, und der Walliser Armin Walpen wollte bereits 2007 eine unbestimmte Anzahl Stellen streichen, um 80 Millionen Franken zu sparen.
Das Ergebnis? Keiner dieser Pläne wurde in die Tat umgesetzt. Stattdessen wuchs die Belegschaft kontinuierlich. Wird die neue Generaldirektorin ihrem Namen Ehre machen oder wird sie ihn Lügen strafen? Das ist die Gretchenfrage im Vorfeld der sogenannten Halbierungsinitiative. Auch bei Wille vermuten Kritiker, dass ihre Pläne in erster Linie der politischen Stimmungsmache dienen. Die angekündigten Kürzungen könnten dazu gedacht sein, den Befürwortern der Halbierungsinitiative Wind aus den Segeln zu nehmen – noch bevor es zur Abstimmung kommt.
Die eidgenössische Volksinitiative «200 Franken sind genug!» – umgangssprachlich als Halbierungsinitiative bezeichnet – wurde von politisch rechtsgerichteten Kreisen am 10. August 2023 mit über 128.000 Unterschriften eingereicht und am 31. August 2023 für zustande gekommen erklärt. Am 19. Juni 2024 verabschiedete die Schweizer Landesregierung, der Bundesrat, die Botschaft zur Initiative und empfahl deren Ablehnung. Die Volksabstimmung ist für das Jahr 2026 vorgesehen. Stimmt eine Mehrheit der stimmenden Bevölkerung und der Kantone zu, dann erhält der Initiativtext Gesetzeskraft – gegen den Willen von Parlament und Regierung.
Umfragen zeigen, dass die Initiative durchaus Chancen hat. Obwohl die Qualität bei der SRG oft zu wünschen übrig lässt und sie zum Beispiel in der Coronazeit jegliche Distanz zum staatlichen Krisenmanagement vermissen ließ, zahlt die Schweizer Bevölkerung weltweit mit heute 335 Franken die höchsten gerätunabhängigen Zwangsgebühren. Mit der Initiative müssten diese auf 200 Franken gesenkt werden, was immer noch ein stolzer Betrag ist.
Der Stolperstein bei der Umsetzung von Willes Plänen ist die Gewerkschaft SSM, die über beträchtlichen Einfluss bei der SRG verfügt. Wie zum Beispiel beim VW-Betriebsrat ist ohne deren Zustimmung wenig möglich. Der Gesamtarbeitsvertrag der SRG enthält großzügige Regelungen, die Entlassungen teuer und komplex machen.
Bereits ab einem Alter von 40 Jahren und zehn Dienstjahren steht den Mitarbeitenden eine Abgangsentschädigung von sechs Monatslöhnen zu – weit großzügiger als die gesetzliche Regelung, die solche Zahlungen erst ab 50 Jahren und 20 Dienstjahren vorschreibt. In der Praxis können SRG-Angestellte sogar bis zu zwölf Monatslöhne als Abfindung erhalten.
Mit einem Durchschnittsalter von 44 Jahren und einer durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit von zwölf Jahren wären die finanziellen Belastungen für die SRG enorm. Bei den geplanten 1000 Stellenstreichungen könnten die Abfindungen schnell in den hohen zweistelligen Millionenbereich steigen.
Die angekündigte Transformation unter Susanne Wille könnte letztlich an denselben Problemen scheitern wie die Pläne ihrer Vorgänger: hohe Kosten, interner Widerstand und mächtige Gewerkschaften. Während Wille Entschlossenheit demonstriert, bleibt abzuwarten, ob ihre Pläne über das Stadium des Säbelrasselns hinauskommen.
Die Vergangenheit zeigt, dass die SRG in Sachen Stellenabbau zwar glänzend ankündigt, aber selten liefert. Stattdessen bleibt das Unternehmen ein Symbol für leere Versprechen und fehlende Konsequenz. Ob Wille das Ruder herumreißen kann, wird sich erst zeigen müssen – doch die Zweifel überwiegen bereits.
Falls Wille scheitert, würde das der Halbierungsinitiative, die gemäß ersten Umfragen durchaus Chancen hat, weiter Oberwasser geben.