Das Rätsel um ein 280 Millionen Jahre altes Fossil wurde endlich gelöst: Forscher stellten nun fest, dass die berühmt gewordenen prähistorischen Überreste, die Wissenschaftler einst für den frühesten Beweis von Weichteilen bei Reptilien hielten, nichts weiter als Farbe sind. Auf die in der renommierten Fachzeitschrift Palaeontology veröffentlichten Arbeit machte Study Finds aufmerksam.
Wie die Forscher erklären, wurde Tridentinosaurus antiquus 1931 in den italienischen Alpen in einer Schicht feiner vulkanischer Asche entdeckt, deren Alter auf etwa 298 bis 273 Millionen Jahre geschätzt wird. Wissenschaftler hätten die anscheinend exquisite Konservierung von Weichteilen in Form eines dunklen Körperumrisses bemerkt, der scharf gegen die umgebende Gesteinsmatrix kontrastiert.
Diese bemerkenswerte Konservierung, kombiniert mit einem artikulierten Skelett, habe dazu geführt, dass T. antiquus als einer der ältesten und am besten konservierten fossilen Reptilien bekannt wurde. Es sei schliesslich unter der Gruppe der Protorosaurier klassifiziert worden. Wikipedia zufolge wurde T. antiquus als einzige Art der Gattung Tridentinosaurus bezeichnet.
Obwohl von einigen angezweifelt, stand den Autoren zufolge jahrzehntelang in der Literatur, dass das vermeintliche Fossil ein exquisit konserviertes Karbon-Reptil sei. Diese versteinerte Haut sei in mehreren Artikeln und Büchern regelrecht gefeiert worden, vor allem auch, weil fossiles Weichteilgewebe nach unzähligen Jahrhunderten nur äusserst schwer ausfindig gemacht werden könne.
Doch niemand habe das Fossil tatsächlich im Detail untersucht. Das taten nun die irischen Wissenschaftler – und dabei fanden sie heraus, dass es sich bei dem berühmten «Fossil» grösstenteils um schwarze Farbe handele, die ein echsenförmiges Tier auf der Felsoberfläche erzeugte.
Die neue Studie nutzte eine Reihe von analytischen Techniken – UV-Lichtfotografie, Elektronenmikroskopie, Röntgenbeugung, Raman-Spektroskopie und FTIR-Spektroskopie –, um festzustellen, dass der lange Zeit als konserviertes Haut- und Weichteilgewebe angesehene Körperumriss tatsächlich eine Fälschung oder zumindest Teilfälschung darstellt. Gemäss den Autoren stellt diese Erkenntnis vieles von der ursprünglichen paläontologischen Beschreibung von T. antiquus in Frage und wirft auch ein Licht auf die Integrität ähnlicher Funde.
Die Wissenschaftler schliessen die Möglichkeit nicht aus, dass ihre Kollegen in der Vergangenheit das Fossil mit Lacken oder Firnissen überzogen haben – eine alte Praxis, um Fossilien in Museumsschränken und Ausstellungen zu konservieren. Sie hoffen somit immer noch, dass unter der Beschichtung tatsächlich Weichteile in gutem Zustand für weitere Studien vorhanden sind.
Evelyn Kustatscher, eine Mitautorin der Studie, machte in einer Medienmitteilung allerdings klar:
«Die eigenartige Konservierung von Tridentinosaurus hatte Experten jahrzehntelang verwirrt. Jetzt ergibt alles Sinn. Was als verkohlte Haut beschrieben wurde, ist nur Farbe.»
Interessanterweise zeigt die Untersuchung des Teams, dass das Fossil keine komplette Fälschung war. Die Knochenfragmente der Hinterbeine scheinen echt zu sein, aber schlecht konserviert. Eine weitere Untersuchung zeigte auch winzige knöcherne Schuppen namens Osteoderme – ähnlich wie die Schuppen eines Krokodils – auf dem Rücken des Tieres.
«Dies ist nicht das erste Mal, dass durch moderne analytische Techniken Fälschungen von Fossilien aufgedeckt wurden. Frühe paläontologische Exemplare können oft eine ungenaue Herkunft und Dokumentation aufweisen, weshalb eine erneute Analyse eine wichtige Verteidigungslinie gegen absichtliche und unbeabsichtigte Fehlinterpretationen darstellt, die in die wissenschaftliche Literatur gelangen können. Die Entlarvung von T. antiquus als gefälschtes fossiles Reptil dient als weitere Erinnerung daran, dass faszinierende und verwirrende Fossilien möglicherweise einer sorgfältigen Neubewertung bedürfen, bevor ihr Status als paläontologische Juwelen gesichert ist.»