Quelle: Youtube-Kanal des Guardian
«Der Löwe galt lange Zeit als das furchterregendste Landraubtier der Welt, doch der ‹König der Tiere› wurde durch den Menschen gestürzt, wie neue Forschungsergebnisse zeigen.» Das berichtet unter anderem The Guardian unter Berufung auf eine Studie, die in der Fachzeitschrift Current Biology veröffentlicht wurde (siehe auch Video oben).
Demnach haben nicht nur Pflanzenfresser wie Elefanten, Nashörner und Giraffen inzwischen mehr Angst vor dem Menschen beziehungsweise menschlichen Stimmen, sondern auch Spitzenraubtiere wie Leoparden. Dies stütze die These, dass der Mensch das «Superraubtier» der Welt sei, so The Guardian.
Wie die Studie ergibt, laufen Wildtiere mit doppelt so hoher Wahrscheinlichkeit weg und verlassen Wasserlöcher schneller, wenn sie das Geräusch von Menschen hören. Die Untersuchung wurde im südafrikanischen Krüger-Nationalpark durchgeführt, der eine der grössten verbliebenen Löwenpopulationen beherbergt.
Bei 95 Prozent der Tierarten, darunter Giraffen, Leoparden, Hyänen, Zebras, Kudus, Warzenschweine und Impalas, war diese Reaktion zu beobachten. «Die Furcht vor Menschen übertraf die vor Löwen in der gesamten Gemeinschaft der Savannensäugetiere deutlich», heisst es in der Arbeit.
Bei den abgespielten Geräuschen handelte es sich um Stimmen von Männern und Frauen, die sich auf ruhige Art in lokalen Sprachen unterhielten. Die leitende Forscherin Liana Zanette von der University of Western Ontario in Kanada sagte, sie sei überrascht über das Ausmass der Reaktion der Tierwelt und die Anzahl der betroffenen Arten. Zanetti:
«Löwen sollten das Furchteinflössendste sein, was es gibt – aber Menschen waren viel furchteinflössender (...) Das zeigt, dass wir wirklich furchteinflössend für Tiere sind.» Die Ergebnisse seien «erstaunlich, aber auch deprimierend».
Die Angst selbst könne enorme Auswirkungen auf Tierpopulationen haben. Die Flucht vor einer vermeintlichen Bedrohung gehe oft auf Kosten der Nahrungsaufnahme und der Aufrechterhaltung einer guten Physis. «Vom Wasserloch wegzulaufen bedeutet, dass die Tiere einen anderen Platz zum Trinken finden müssen – das ist ein Preis», so Zanette.
Für die Studie verwendeten die Forscher versteckte Kamera-Lautsprecher-Systeme an Wasserlöchern, die ausgelöst wurden, wenn sich ein Tier in einem Umkreis von zehn Metern bewegte. Die Wasserlöcher wurden als Standort gewählt, weil dort Löwen und andere Jäger ihre Beute zu töten pflegen.
Untersuchungen aus Australien, Nordamerika, Europa und Asien hätten gezeigt, dass der Mensch mehr Beutetiere töte als jedes andere Spitzenraubtier, heisst es im Guardian. Daher der Titel «Superraubtier».
Diese vom Menschen verursachte «Landschaft der Angst» würde kaskadenartige Auswirkungen auf die Nahrungskette bis hinunter zu Nagetieren und Pflanzen haben, so die Forscher. Denn sie verändere die Art und Weise, wie sich Tiere durch Landschaften bewegen. Es sei wahrscheinlich, dass dies «erhebliche ökologische Auswirkungen» haben werde. Durch allgegenwärtige Angst vor dem Menschen werde bei den weltweiten Umweltauswirkungen «eine neue Dimension» erreicht, wird Zanette zitiert.
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