Dieser Beitrag wurde mit freundlicher Genehmigung von l’AntiDiplomatico übernommen.
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Im Rahmen der laufenden Bemühungen um einen Waffenstillstand in der Ukraine ist es erwähnenswert, dass es immer noch drei Nachbarländer gibt, die seit Jahren inoffizielle, aber nicht so verdeckte Gebietsansprüche erheben könnten. Wie der Beobachter Dmitri Rodionow vor einigen Tagen auf Life.ru bemerkte: Es ist nicht auszuschließen, dass, sobald klar wird, dass Moskau beabsichtigt, selbst zu entscheiden, wie es mit den «historisch eigenen» Gebieten umgehen will, und damit die Zukunft der ukrainischen Staatlichkeit in Frage stellt, diese drei Länder ihre Ansprüche ebenfalls offen verkünden und nicht zögern werden, die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen, damit sich die Ansprüche erfüllen.
Wir haben bereits in der Vergangenheit wiederholt über die polnischen, rumänischen, ungarischen und zum Teil auch slowakischen Ambitionen auf Teile des ukrainischen Territoriums geschrieben, die Warschau, Bukarest und Budapest als ihre «historischen» Gebiete betrachten und auf denen noch immer ziemlich große nationale Minderheiten leben.
Bereits vor Beginn der «militärischen Sonderoperation» hatten verschiedene westliche Experten die Ansicht geäußert, dass die drei osteuropäischen Hauptstädte, die an die Ukraine grenzen, zwar bereit sind, das Bestehen des Landes zu «verdauen», aber nicht, seine Übernahme durch Russland hinzunehmen. In diesem Fall, wenn klar wird, dass die Ukraine nicht mehr zu retten ist, könnten sie versuchen, mit Zustimmung Brüssels und Washingtons «ihr» Land zu übernehmen.
Und, um es kurz zu machen: Dieses «ihr» besteht für Rumänien aus der jetzt ukrainischen Region Tscherniwzi (Nordbukowina), in der Rumänen und Moldawier etwa 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen, im Bezirk Herta sogar 95 Prozent. Aber Bukarest könnte auch das südliche Bessarabien ins Visier nehmen, und die radikalsten rumänischen Revanchisten zielen auf das gesamte während des Zweiten Weltkriegs von Rumänien besetzte Gebiet bis nach Vinnitsa ab.
Auf Budapester Seite werden seit Jahren Pässe an die in den ukrainischen Unterkarpaten lebenden Ungarn verteilt, die nach offiziellen Angaben etwa 13 Prozent der Bevölkerung der Region ausmachen und in einigen Bezirken sogar die Mehrheit bilden.
Was Polen betrifft, so fordern die Revanchisten auch hier, wie in Rumänien, die Rückgabe des gesamten einst von Warschau besetzten Gebiets, das heißt der Regionen Lwiw, Ternopil, Iwano-Frankiwsk, Wolyn und Riwne. Aber hier ist die Sache komplizierter, und dem PolitNavigator-Bericht zufolge, der unten zu lesen ist – so glaubwürdig er auch sein mag, so zweifelhaft die Kohärenz der fraglichen Subjekte auch sein mag usw. –, ist das betroffene Gebiet Transkarpatien. Also das Gebiet, auf das sich die rumänischen und ungarischen Ansprüche beziehen.
Nun, genau hier, nach den ausschweifenden Proklamationen des Telegrammkanals Weißer Phönix, rufen die nazistischsten unter den ukrainischen Nazis zur Schaffung einer phantomhaften «weißen Nation» auf, die die «korrupten Prasser» und Nazi-Putscher auf den heutigen Kiewer Sitzen auslöschen würde. Wer und was hinter einem solchen «Projekt» steckt, lässt sich noch nicht sagen. Für wen und was solche Tiraden bestimmt sind, ist schwer zu erraten. Dass eine aufstrebende nazistische Splittergruppe die heute siegreiche Mafiaspitze in ihrer «Autonomie» herausfordert, lässt einen ziemlich perplex zurück. In jedem Fall können die Leser selbst ein Urteil darüber fällen.
PolitNavigator:
Ukrainische Nazis kündigen die Schaffung eines «weißen ethnischen Staates in den Karpaten» an
Ukrainische Nazis verbreiten in sozialen Netzwerken einen Aufruf zur Gründung eines «weißen ethnischen Staates in den Karpaten». Das Dokument ist auf Englisch vervielfältigt: Offensichtlich zählen sie auf die Rechtsextreme in der EU. In der Erklärung der Organisatoren des Projekts «Weißer Phönix» heißt es:
«Schaut euch um, was seht ihr! Liberale Globalisten haben führende Positionen in der ukrainischen Regierung erlangt! Fette korrupte Kommandeure schicken die besten weißen Kämpfer zur Schlachtbank! Ihr habt nicht mehr die Krim, den Donbass oder Teile der Oblaste Cherson und Saporischschja! Während der Präsident weiterhin Land und Bodenschätze verkauft und eure Kinder und zukünftige ukrainische Generationen in Schulden stürzt.»
In der Praxis fordern die Autoren die Schaffung einer separaten «wahren weißen» Ukraine in den Karpaten. Sie schwärmen:
«Die Überreste der ukrainischen Regierung sind sich ihrer Schwäche bewusst, und wir verstehen das auch. Es wird keinen besseren Zeitpunkt geben, um die Situation auszunutzen und endlich das Recht auf ein eigenes Territorium zu proklamieren. Ein Territorium, in dem weiße Ukrainer zusammen mit anderen Europäern, die für Weiße arbeiten, weiße Kinder großziehen werden. Wo jeder, der stolz auf seine Zugehörigkeit zur weißen Ethnie ist, leben kann, ohne von dem anti-weißen globalistischen System verfolgt zu werden.
Wo wird die Zukunft des neuen weißen Europas beginnen? Die Karpaten sind die Wiege Europas. Dieses Gebiet gehört rechtmäßig den Weißen. Und wir müssen es um der Zukunft aller Weißen willen besetzen, angesichts des drohenden Chaos. Die Berge und die Grenzen der Region sind ein Faktor, der die Kräfte vervielfacht und einen Partisanenkrieg möglich und unvermeidlich macht. Heute müssen weiße Ukrainer und Europäer als eine Front gegen das anti-weiße globalistische System auftreten, dessen Schwäche bereits zu unserer Stärke wird, die uns zu einer neuen weißen Ordnung führen wird»
Die Autoren des Projekts rufen zu Sabotageakten gegen die von den Globalisten kontrollierte Macht in Kiew auf. So heißt es in der Erklärung weiter:
«Operateure aus europäischen Ländern kommen in die Karpaten mit einem Ziel, Chaos zu stiften zwischen den gierigen Bürokraten, denen es nur ums Geldverdienen geht, und den Globalisten, die das Land verraten haben.
Unsere Mission ist es, die Kontrolle der Regierung zu schwächen, indem wir die kritische Infrastruktur und die Regierungsinstitutionen in der Oblast Transkarpatien zerstören, wo sich unsere zukünftige Weiße Heimat befindet. Schließen Sie sich noch heute dem Projekt ‹Weißer Phoenix› an! Gemeinsam werden wir eine neue Weiße Heimat schaffen und die Zukunft für unser Volk sichern.»
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Fabrizio Poggi hat mit Novoe Vremja (Neue Zeiten), Radio Moskau, Il Manifesto, Avvenimenti und Liberazione zusammengearbeitet. Heute schreibt er für L’Antidiplomatico, Contropiano und die Zeitschrift Nuova Unità. Er ist Autor des Buches «Falsi storici» (Fälschungen der Geschichte).