Zu brisanten Lobbytreffen gebe es weder Dokumente noch Protokolle, fand abgeordnetenwatch.de heraus. Die überparteiliche und institutionell unabhängige Internetplattform kritisiert seit langem die für WählerInnen undurchsichtige Verbandelung zwischen Politik und Wirtschaft.
In den Aktenschränken der Bundesregierung gebe es den Recherchen zufolge zu etlichen Lobbytreffen keine offiziellen Unterlagen:
«So fehlen beispielsweise Aufzeichnungen zu Gesprächen mit früheren Regierungsmitgliedern, die mittlerweile in der Wirtschaft arbeiten – unter anderem Sigmar Gabriel, Franz-Josef Jung und Brigitte Zypries. In wessen Auftrag manche Interessenvertreter:innen vorstellig wurden, weiss man in der Bundesregierung angeblich nicht.»
«Nach Recherchen von abgeordnetenwatch.de existieren in den Aktenbeständen der Bundesregierung zu etlichen Lobbykontakten überhaupt keine oder keine aussagekräftigen Aufzeichnungen. Oft bleibt sogar unklar, in wessen Auftrag Interessenvertreter:innen in den Ministerien oder im Kanzleramt vorstellig wurden.»
Zu den in ihrer Pressemitteilung genannten ehemaligen hochrangigen VolksvertreterInnen, die nach ihrem politischen Amt in die Wirtschaft wechselten, gehören unter anderem:
Franz-Josef Jung (CDU), ehemaliger Bundesminister der Verteidigung, heute Aufsichtsrat des Rüstungskonzerns Rheinmetall
Brigitte Zypries (SPD), ehemalige Wirtschafts- und Justizminsterin, bis heute diverse Posten in der freien Wirtschaft, unter anderem im Beirat des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft
Sigmar Gabriel (SPD), früher: Ministerpräsident Niedersachsens, Bundesminister Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Bundesminister des Auswärtigen, heute Aufsichtsrat der Deutschen Bank
Grundsätzlich seien Behörden wie das Kanzleramt oder Bundesministerien dazu verpflichtet, sogenannte amtliche Aufzeichnungen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) auf Antrag herauszugeben. Dazu gehörten grundsätzlich auch Dokumente zu Lobbykontakten «wenn es sie denn gibt», schreibt abgeordnetenwatch.de, und:
«Dass Unterlagen in vielen Fällen nicht existieren sollen, dürfte kein Zufall sein. Vielmehr könnte es Methode haben. Ein Beamter offenbarte dem SPIEGEL vor einiger Zeit, dass die Ministeriumsspitze Dokumente schon einmal aussieben würde, wenn ein Auskunftsantrag von Journalist:innen vorliegt. ‹Es gab immer einen Giftschrank im Ministerium, aber der ist mit dem IFG größer geworden›, berichtete der Beamte. Einige Kolleg:innen würden brisante Vorgänge gar nicht mehr verakten. Niemand wolle Ärger bekommen, weil ein Ressort heikle Unterlagen herausgibt.»